Die Stärkung des MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik; engl. Science, Technology, Engineering, [Arts], Mathematics - STE(A)M)-Bereichs ergibt sich aus arbeitsmarktpolitischen, gesellschaftspolitischen und hochschul-, forschungs- und innovationspolitischen Zielsetzungen, die durch strategische Instrumente wie Regierungsprogramm, FTI-Strategie, HoP, GUEP und LV adressiert werden.
Die FTI-Strategie setzt bis 2030 einen klaren MINT-Schwerpunkt und sieht u. a. die Steigerung des Anteils der MINT-Graduierten um 20 %, die Erhöhung des Frauenanteils bei Graduierten in technischen Fächern um 5 % sowie die Verdoppelung der österreichischen MINT-Studierenden vor, die über Förderprogramme ein Studium oder ein Studiensemester im Ausland absolvieren (Bundesregierung, 2020).
Der HoP 2030, den das BMBWF im Dezember 2022 vorgelegt hat, greift diese Ziele auf und bricht sie zur Operationalisierung weiter herunter. Er sieht bis 2030 u. a. eine Steigerung des Anteils der MINT-Graduierten an allen Studien auf 34,2 % bzw. 10.800 MINT-Erstabschlüsse an Universitäten und Fachhochschulen vor (BMBWF, 2022c).
Auch der GUEP formuliert konkrete Maßnahmen und Zielsetzungen im MINT-Bereich wie z. B. den Ausbau der Maßnahmen an der Schnittstelle Schule/Universität, Attraktivierung der Studien im MINT-Fokusbereich, Stärkung eines interdisziplinären Lehransatzes, Identifikation studienverlaufskritischer Prüfungen mit regelmäßig mehr als 50 % Durchfallsquote und Senkung der Drop-out-Raten (BMBWF, 2022b).
Unternehmensbefragungen zeigen, dass der Arbeitsmarktbedarf (inklusive HTL-Absolventinnen und -Absolventen oder nicht weiter spezifizierter Fachkräfte) für den MINT-Fokusbereich – also Technik und Informatik – deutlich höher als für die Bereiche Naturwissenschaft und Mathematik ist. Aufgrund der hohen und weiter steigenden Personalnachfrage haben Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen aus dem MINT-Fokusbereich sehr gute Arbeitsmarktperspektiven: Sie sind überdurchschnittlich häufig erwerbstätig, erzielen überdurchschnittliche Einkommen, profitieren von kurzer Stellensuchdauer, sind öfter in Beschäftigungsverhältnissen, die ihren Qualifikationen entsprechend, seltener in Mehrfachbeschäftigung und seltener arbeitslos (Binder et al., 2021).
Zur Erreichung politischer Zielsetzungen und der Deckung des Arbeitsmarktbedarfs ist es notwendig, möglichst viele junge Menschen – insbesondere Frauen – für MINT zu begeistern und die Erfolgsquoten in den Studien zu steigern. Neben der arbeitsmarktpolitischen Komponente spielt die gesellschaftspolitische Komponente eine wichtige Rolle, denn MINT-Kompetenzen sind für die Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit – z. B. fortschreitende Digitalisierung, Klimawandel oder Energiekrisen – zentral.
Die Umsetzung der durch die diversen Strategien festgelegten Vorgaben erfolgt an den Universitäten im Wege der LV. In der LV-Periode 2022–2024 mit den Universitäten kam es zur Weiterführung von MINT-Schwerpunkten aus den Vorperioden. Von den etwa 60 zusätzlich finanzierten Professuren bzw. Äquivalenten (in VZÄ) ging etwa ein Drittel an die Fächergruppen 2 (MINT in Basisausstattung [Mathematik, Informatik, Architektur etc.]) und 3 (Naturwissenschaften und Technik mit besonderen Ausstattungserfordernissen [z. B. Labore, Maschinen, Kleingruppen]), denen die MINT-Kernbereiche Technik und Informatik zugeordnet sind. Die zusätzlichen Professuren verbessern die Betreuungsrelationen und stärken den MINT-Bereich. Die LV beinhalten spezifische Vorhaben und Zielvereinbarungen entlang des Student Life Cycle: In den Jahren 2022–2024 bauen die Universitäten beispielsweise „Massive Open Online Courses“ (MOOCs) und Brückenkurse weiter aus, schaffen Studienangebote zur Stärkung von MINT/KI und setzen spezielle Maßnahmen zur Förderung von Frauen in MINT-Studien (z. B. Sommerworkshops, Zusammenarbeit mit Schulen). Außerdem bauen sie Tutoring- und Mentoring-Programme aus und erheben ECTS-Workloads.
Die Gründung einer neuen Technischen Universität, der Interdisciplinary Transformation University (kurz: IT:U), bietet die Chance, moderne Strukturen, neue Forschungsfragen und zukunftsorientierte Lehrmethoden zu realisieren. Der Schwerpunkt liegt im Bereich Digitalisierungs- und Transformationsforschung. Die IT:U wird im Studienjahr 2023/24 schrittweise den Betrieb aufnehmen (s. Abschnitt 1.2.3).
Zusätzliche Maßnahmen zur Förderung von MINT sind nötig, um die Zielvorgaben zu erreichen, weshalb das BMBWF zahlreiche strategische Projekte durchführt, MINT-Förderung entlang der gesamten Bildungskette betreibt und laufend bestehende Aktivitäten weiterentwickelt.
Das BMBWF hat 2023 einen MINT-Aktionsplan (BMBWF, n. d. [a]) zu bestehenden bzw. bereits geplanten zentralen MINT-Initiativen des BMBWF in allen Bildungsstufen vorgelegt. Zusammen mit neuen Unterstützungsmaßnahmen forciert er mit acht Aktionslinien die Sichtbarkeit und konsequente Umsetzung der MINT-Initiativen des Ressorts bis 2030.
Die Erarbeitung innovativer Konzepte zur Vermittlung von STE(A)M-Kenntnissen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der STE(A)M Ansatz verbindet MINT mit anderen Studienbereichen und fördert transversale - also bereichsübergreifende - Fähigkeiten wie kritisches Denken, Problemlösen, Management und Unternehmerinnen- und Unternehmertum. Das BMBWF und die JKU waren z. B. in einem Erasmus+-Projekt aktiv; in weiterer Folge soll nun „STE(A)M-Plattform in Österreich“ entstehen. Die sektorenübergreifende Vernetzung nationaler Hochschuleinrichtungen soll den Informationsaustausch zu verschiedenen Initiativen fördern, insbesondere zur Attraktivierung von Studien und zur Verankerung von MINT in der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung.
Das Projekt „MINT-Regionen“ (s. Abschnitt 2.8.1) dient sowohl als Hebel und Koordinierungsanstoß für neue Netzwerke und verbindet auch bereits bestehende Initiativen. Partnerinnen und Partner dieser Initiative sind die Industriellenvereinigung (IV), der OeAD und die MINTality Stiftung. Im Zentrum des „MINT-Regionen-Label“ steht das Zusammenwirken von Schulen, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Verwaltungseinrichtungen und Unternehmen im Bereich MINT. Das erste MINT-Regionen-Label wurde Ende 2023 vergeben.
Bereits in Umsetzung befindet sich ein 10-Punkte-Programm auf Basis einer Ressortstrategie zur Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie. Das Programm leistet u. a. einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung von MINT: Es beinhaltet eine Informations-Plattform mit Angeboten der Wissenschaftskommunikation und Demokratievermittlung in Österreich, das über Institutionengrenzen hinweg weiter ausgebaut wird. Der Ausbau stärkt insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Hochschulen, Forschungseinrichtungen und anderen demokratiepolitisch zentralen Institutionen (vgl. Abschnitt 1.1.5).