Der technische Fortschritt und die zunehmende Digitalisierung in allen Bereichen der Gesellschaft und Wirtschaft stellen Österreich vor große Herausforderungen. Um sie zu bewältigen und einen Beitrag zur Sicherung der digitalen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu leisten, hat die österreichische Bundesregierung im Sommer 2020 die Gründung einer neuen Technischen Universität für Digitalisierung und digitale Transformation angekündigt.
Mit dem Projekt ist der Anspruch verbunden, Universität neu zu denken. Der Fokus auf Interdisziplinarität und Praxisorientierung „by design“ soll Digitalisierungsexpertinnen und -experten hervorbringen, die den digitalen Wandel aktiv zum Nutzen aller gestalten.
Das Institute of Digital Sciences Austria („Interdisciplinary Transformation University“ (IT:U)), leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele der 2021 veröffentlichten Standortstrategie: Diese sieht vor, dass Österreich – unter anderem durch „Technologieführerschaft und Digitalisierung“ – bis 2040 zu den Top 10 Wirtschaftsstandorten der Welt wird. Weiters leistet sie mit ihrer Schwerpunktsetzung einen Beitrag zur Erreichung der MINT-Ziele gemäß FTI-Strategie, österreichischem Hochschulplan (HoP) und GUEP
Strategieprozess vor der Gründung
Vor der Gründung der neuen Universität fand ein intensiver Vorbereitungsprozess statt: Von Oktober 2020 bis Mai 2021 erarbeitete eine Vorbereitungsgruppe von Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft Vorschläge zu Standort, Universitätsname, Personal- und Studierenden-Kapazität, Lehre und Forschung, Finanzierung, und zum rechtlichen Rahmen der neuen Universität. Dieser Rahmenplan war die Arbeitsgrundlage für die im Mai 2021 vom BMBWF eingesetzte unabhängige wissenschaftliche Konzeptgruppe, die den Auftrag für die Ausarbeitung eines Gründungskonzepts für die neue Universität erhielt. Die Konzeptgruppe setzte sich aus nationalen und internationalen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und Experten und Expertinnen aus Wirtschaft, Kunst und Gesellschaft zusammen. Der IT-Experte und ehemalige Google-Manager Gerhard Eschelbeck übernahm den Vorsitz. Die Konzeptgruppe legte ein 71-seitiges Konzeptpapier mit detaillierten Überlegungen zu thematischer Orientierung, Lehre, Forschung, Wissenstransfer und Infrastruktur vor. Es hat einen Empfehlungscharakter und dient als Orientierung für die Gründungsgremien. Das Konzept sieht als wesentliche Charakteristika der neuen Universität einen interdisziplinären Ansatz in der künstlerischen und wissenschaftlichen Forschung und Lehre, hohe Internationalität, das Streben nach Exzellenz, Praxisorientierung in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und Industrie, agile Organisationsformen und einen flexiblen Rechtsrahmen vor.
Gesetzliche Grundlage
Das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria (vgl. BGBl. I Nr. 120/2022) am 1. Juli 2022 markiert die offizielle Gründung der neuen Universität und schafft die rechtliche Grundlage für die Ausgestaltung der Universität in der Gründungsphase.
Dieses Bundesgesetz wird am 1. Juli 2024 durch das Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria (Interdisciplinary Transformation University) abgelöst werden, welches die nähere Organisation und den laufenden Betrieb der neuen Universität regeln wird. Wie angestrebt, folgt das Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria dem Grundsatz eines schlanken und flexiblen Rechtsrahmens. Die Begutachtungsphase für dieses Bundesgesetz ist bereits abgeschlossen, ebenso die Beschlussfassung im Nationalrat.
Gründungsgremien
Der Gründungskonvent ist das strategische Organ der Universität in der Gründungsphase (§ 6 des Gründungsgesetzes) und besteht aus neun Mitgliedern. Der Gründungskonvent trat am 12. Oktober 2022 in einer ersten konstituierenden Sitzung zusammen. Die Aufgaben des Gründungskonvents umfassen insbesondere:
Auf Vorschlag der Gründungspräsidentin oder des Gründungspräsidenten hat der Konvent eine vorläufige Satzung, einen vorläufigen Organisationsplan und vorläufige Curricula zu erlassen. Mit der Wahl und Bestellung der Gründungspräsidentin Stefanie Lindstaedt, die im Juli 2023 ihr Amt offiziell antrat, und mit der Einigung auf die strategischen Grundsätze kam der Konvent zwei wesentlichen Aufgaben nach. Die Gründungspräsidentin leitet die Universität in der Gründungsphase und ist – gemeinsam mit dem Gründungskonvent – wesentlich an Aufbau und Ausgestaltung der Universität beteiligt. Sie bereitet das operative Geschäft der Universität vor, erteilt Lehraufträge und schließt Dienst- und Werkverträge ab. Ein siebenköpfiger Gründungsbeirat begleitet Konvent und Präsidentin.
Alleinstellungsmerkmale der neuen Universität
Die IT:U soll sich als Modellinstitution deutlich von den bestehenden öffentlichen Universitäten unterscheiden: Anstelle von Disziplinen orientiert sie sich an „Missionen“ im Sinne aktueller gesellschaftlicher Problemstellungen, Themen oder Aktionsfelder im Bereich der Digitalisierung und digitalen Transformation. Die Universität überwindet disziplinäre Grenzen und erprobt neue Kombinationen von Fach- und Praxiswissen. Die Strukturen bleiben agil, um schnell und dynamisch auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können.
Dieser Zugang spiegelt sich in der Lehre wider. Die IT:U soll Expertinnen und Experten für eine von Künstlicher Intelligenz (KI), autonom agierenden Systemen und Robotik geprägten Epoche hervorbringen. Diese sollen mit einem tiefen Verständnis für digitale Transformation und für die gesellschaftliche Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit agieren. Die Universität setzt dafür didaktisch neue Methoden ein und verfolgt den Ansatz einer projektorientierten Lehre (Inquiry-based learning).
Ein neues Faculty-Modell soll für ein Recruiting von bestens qualifiziertem Personal sorgen. Als Ergänzung zum Stammpersonal sollen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, externe Experten und Expertinnen und Praktiker und Praktikerinnen aus Wirtschaft und Industrie bzw. dem zivilgesellschaftlichen Bereich zeitlich begrenzt oder in einem bestimmten Stundenausmaß in Lehre und Forschung einbezogen werden.
Ein Schwerpunkt des Institute of Digital Sciences Austria liegt auf Wissens- und Technologietransfer durch intensive Kooperationen mit Unternehmen am Standort, einem missionsorientierten Weiterbildungsangebot sowie einem optimalen Umfeld für Start-ups.
Erste Studienaktivitäten
Die ersten Akzente setzte die neue Universität mit dem FOUNDING LAB, bestehend aus einer Summer School und einem „Fall Term“ im Herbst/Frühjahr 2023/24 in Kooperation mit der Ars Electronica. Der Open Call für Studierende und Fellows stieß auf großes internationales Interesse. Auf die insgesamt 75 Plätze für die Summer School kamen 338 Bewerbungen von MA- und PhD-Studierenden aus 78 Ländern. Als Fellow bewarben sich insgesamt 205 Experten und Expertinnen aus 50 Ländern um einen von 21 Plätzen. Im Rahmen der FOUNDING LAB Summer School diskutierten Studierende im direkten Austausch mit den FOUNDING LAB Fellows und geladenen Expertinnen und Experten ihre Forderungen, Ideen und Visionen für die neue Universität. Im „Fall Term“, das im Oktober 2023 startete, wird auf den Ergebnissen der Summer School aufgebaut und zu den sechs Programmkapiteln „Infrastruktur“, „Daten & Code“, „Maschinen, Roboter & Tangibles“, „Schnittstellen & Visualisierungen“, „Medien“, „Digitale Gesellschaft und Politik“ weitergearbeitet. Im Jahr 2024 wird mit der Entwicklung von PhD-Programmen fortgesetzt. Die Entwicklung von Masterstudienprogrammen wird danach erfolgen. Bis 2030/31 soll das Institute of Digital Sciences Austria rund 5.000 Studierende und bis 2036/37 etwa 150 Professorinnen und Professoren haben.
Standort
Die neue Universität hat ihren physischen Standort in Linz . Der neue Universitätscampus soll bis 2036 in mehreren (Aus-)Baustufen entstehen und am Campus bzw. östlich des bestehenden JKU-Campus in Linz liegen. Für den Studienbeginn ab dem Wintersemester 2023/24 stellt die JKU Linz dem Institute of Digital Sciences Austria Teile des Science Parks sowie Seminarräume zur Verfügung. 2024 werden Interdisziplinäre Lernlabore eingerichtet. Das Reality Lab bietet eine Lerninfrastruktur für Augmented, Virtual and Mixed Reality, das Motion Lab für Capturing of Human and Drone Motion, das Maker Lab für Prototyping of Digital Systems, das Robot Lab für Robot Motion and Interaction Modes, das Interaction Lab für Human Interaction with Digitality und das Data Lab für Understanding Data and Infrastructure.
Finanzierung
Ausgehend von § 5 des Bundesgesetzes über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria finanziert der Bund die Universität; das Land Oberösterreich trägt zur Finanzierung der Universität nach Maßgabe einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG bei. Zu jenen Bereichen, die der Bund zur Gänze finanziert, zählen
Bund und Land Oberösterreich tragen gemeinsam (jeweils zur Hälfte) die Errichtungskosten für die zum Zwecke der Universität erforderlichen neu zu errichtenden Gebäude samt funktionszugehörigen Neben- und Außenanlagen. Für die Jahre 2024 und 2025 sind € 45 Mio. vorgesehen. Im Vollausbau im Jahr 2036/37 wird das Institute of Digital Sciences Austria über ein Budget von € 150 Mio. jährlich verfügen.