6.4 Europäischer Forschungsraum

Die Schaffung eines Europäischen Forschungsraums (EFR; engl. European Research Area - ERA) ist ein erklärtes Ziel des Vertrags über die Arbeitsweise der EU. Er soll den freien Austausch von Forschenden, wissenschaftlichen Erkenntnissen und Technologien innerhalb der EU ermöglichen (vgl. Abschnitt 6.4.1). Die Universitäten sind dabei zentrale Akteurinnen für die Umsetzung des EFR, entsprechend dem zentralen operativen Dokument des neuen EFR, der „ERA Policy Agenda“. Mit dieser Agenda hat die EU einen ambitionierten Aufgabenkatalog für die Weiterentwicklung der Forschungs- und Innovationssysteme (F&I-Systeme) in Europa hin zu mehr Effektivität und Effizienz vorgelegt: Ziel ist ein stärkerer Beitrag zur Gesellschaft und Wettbewerbsfähigkeit. 

Viele der insgesamt 20 ERA-Aktionen sprechen die Universitäten als (primäre) Stakeholderinnen direkt an. Die neue ERA-Governance sieht eine enge Einbindung von Stakeholderinnen und Stakeholder bzw. Institutionen im europäischen Diskurs und bei der Umsetzung in den Mitgliedsstaaten vor. Der nationale ERA-Aktionsplan Österreichs enthält zwölf Initiativen, die gemeinsam mit Stakeholderinnen und Stakeholder und v. a. den Universitäten erstellt wurden (vgl. Abschnitt 6.4.2). Manche der ERA-NAP Initiativen (z. B. 1 und 3) bestehen aus Prozessen, in deren Verlauf erst konkrete Maßnahmen definiert werden. Dies betrifft insbesondere die wichtigen Themen Forschendenkarrieren, Research Assessment oder Open Access. Im Rahmen dieser Prozesse werden die Universitäten einen aktiven Part bei der Definition von Reformmaßnahmen und in weiterer Folge bei deren Umsetzung spielen.

Viele Universitäten beteiligen sich am EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizon Europe“ (HEU, vgl. Abschnitt 6.4.2); dieses Ziel ist im GUEP verankert (Umsetzungsziele 1b, 2d sowie 6b). Seit der LV-Periode 2016-2018 widmen BMBWF und Universitäten der „Universität im Europäischen Forschungsraum" ein eigenes Kapitel mit strategischen Zielen und Maßnahmen. 

Zentrale Pfeiler des EU-Forschungsrahmenprogramms HEU sind:

  • die Beteiligung an der Grundlagenforschung im ERC;
  • das Mobilitätsprogramm MSCA;
  • die thematischen Cluster in Säule 2 von HEU;
  • Wissenstransferaktivitäten des European Innovation Council (EIC), v. a. „Pathfinder“ sowie 
  • Aktivitäten des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT).

Die Universitäten wirken an der Umsetzung der fünf EU-Missionen von HEU mit: Sie beteiligen sich an missionsbezogenen Ausschreibungen, regionalen und nationalen Maßnahmen des „Umsetzungsrahmens für die EU-Missionen von Horizon Europe in Österreich“ und seiner Aktionspläne; Universitäten bündeln ihre missionsorientierten Kompetenzen in Forschung, Lehre und Dritter Mission und etablieren sich als regionale Wissens- und Kommunikationshubs. 

Auf institutioneller Ebene schuf die „European Universities Initiative“ die Möglichkeit zur Bildung von zukunftsorientierten europäischen Hochschulallianzen: Sie entwickeln gemeinsame, langfristige Strategien für qualitätsvolle Bildung, Forschung und Innovation sowie Dienste für die Gesellschaft. Grundlage sind gemeinsame Visionen und Werte, ein hoher Grad an Mobilität, Interdisziplinarität und offene Studienprogramme. Die Programme Erasmus+ und Horizon 2020 unterstützen bzw. unterstützten die transnationalen Hochschulallianzen bei der institutionellen Zusammenarbeit. Die ersten „Pilot Calls“ fanden 2019 und 2020 statt. Mit Stand Ende 2023 nehmen bereits 16 österreichische Hochschuleinrichtungen – davon elf Universitäten – an den „European Universities“-Allianzen teil, davon zwei Hochschuleinrichtungen in koordinierender Rolle. Österreich beteiligt sich somit an mehr als 30 % der insgesamt 50 European-Universities-Allianzen in Europa (vgl. Abschnitt 11.1.2).

Das BMBWF führt seit 2016 einen laufenden strategischen Dialog zur Umsetzung des ERA mit den Universitäten. Auf Rektoratsebene nominieren die Universitäten ERA-Korrespondentinnen und -Korrespondenten als zentrale Ansprechpersonen für ERA-Agenden, die zusammen ein Netzwerk mit nationalen und EU-Verbindungen bilden.

Die FFG führt gemäß interministerieller Beauftragung mit den Universitäten ERA-Dialoge durch: Sie dienen der strategischen Orientierung und Positionierung der Universitäten im ERA und bei der Beteiligung an HEU. Neben dem Informations-, Beratungs- und Vernetzungsangebot des Bereichs „Europäische und Internationale Programme“ (EIP) unterstützt die FFG die Universitäten als nationale Kontaktstelle für Horizon Europe bei der Vernetzung und Positionierung auf EU-Ebene.