1.1.4 Klimawandel: Universitäten als Keyplayer

Der Klimawandel ist eines der drängendsten globalen Probleme unserer Zeit und steht im Zentrum zahlreicher wissenschaftlicher Studien, politischer Debatten und öffentlicher Diskussionen. Seine Auswirkungen sind vielfältig und weitreichend. Er betrifft die Lebensgrundlagen heutiger und zukünftiger Generationen. 

Die Rolle der Universitäten im Kampf gegen den Klimawandel ist von entscheidender Bedeutung. Sie treiben wissenschaftliche Erkenntnisse und technologischen Fortschritt voran und bilden die nächsten Generationen von Führungskräften, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und Bürger und Bürgerinnen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz aus. Als Forschungs- und Entwicklungsstätten fördern sie neue Erkenntnisse zur Bewältigung des Klimawandels und tragen als Teil eines globalen Netzwerks von Bildungseinrichtungen zum internationalen Austausch von Wissen und Ressourcen bei. Universitäten fungieren als Vorbilder für den Einsatz umweltfreundlicher Technologien und nachhaltiger Praktiken. Die Expertise der Universitäten bei der Bewältigung des Klimawandels trägt zur evidenzbasierten politischen Entscheidungsfindung bei.

Interuniversitäre und internationale Netzwerke und Kooperationen

Ein wichtiges österreichisches Netzwerk zur Klimawandelforschung ist das Climate Change Center Austria (CCCA, vgl. Abschnitt 3.2.3). Das Disaster Competence Network Austria (DCNA) forscht an der Stärkung und Erweiterung der Vernetzung im Bereich der Krisen- und Katastrophenforschung. Österreichische Universitäten beteiligen sich auch an relevanten internationalen Forschungsnetzwerken, insbesondere jenen der europäischen Forschungsinfrastrukturlandschaft (ESFRI-Roadmap, vgl. Abschnitt 6.3.2). Die MUI und die GeoSphere Austria (GSA) mit dem Sonnblick Observatorium betreiben z. B. Central Facilities im Rahmen von „ACTRIS ERIC“: Diese europaweite Forschungsinfrastruktur liefert hochwertige Daten zu atmosphärischen Prozessen. Die BOKU ist im GLORIA-Forschungsprogramm, einem internationalen Netzwerk zur Erfassung und Analyse von Auswirkungen des Klimawandels auf Biodiversität und Vegetationsmuster im Hochgebirge (BOKU, 2013). Im Feld der Umweltwissenschaften sind österreichische Universitäten außerdem an EPOS (European Plate Observing System) und eLTER-RI (Forschungsinfrastruktur (FI) zur Langzeitökosystemforschung) beteiligt. Teilnahmen an den Projekten Danubius-RI (FI zur integrierten Untersuchung von Fluss-Meer-Systemen) und DiSSCo (Distributed System of Scientific Collections) sind in Vorbereitung bzw. in Planung.

Gefördert werden auch Kommunikations- und Vernetzungsplattformen für den Green Deal, um in den relevanten Wissenschaften die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft zu unterstützen. Dazu zählt das österreichweite und international vernetzte Großprojekt ABOL (Austrian Barcode of Life), in dem die genetische Vielfalt der österreichischen Biodiversität (Tiere, Pflanzen, Pilze) mittels DNA-Barcoding erfasst wird.

Forschungsschwerpunkte der Universitäten zum Klimawandel

Forschung zum Klimawandel umfasst einerseits Forschung, die auf ein besseres Verständnis des Klimasystems und seiner Vorhersagbarkeit abzielt (Einflussfaktoren, Klimaprozesse, Extremereignisse), und andererseits Forschung zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Umwelt und Gesellschaft. Dabei werden auch Anpassungsmaßnahmen, Mitigation und Wechselwirkungen berücksichtigt (wie z. B. im CCCA Science Plan).

Stellvertretend für die (Weiter-)Entwicklung universitärer Forschungsschwerpunkte in diesem Bereich seien hier nur einige Beispiele genannt: Die Uni Wien errichtet ein neues Entwicklungsfeld „Umwelt & Klima“, die LFU Innsbruck einen Forschungsschwerpunkt (FSP) „Alpiner Raum“ und die MUL den interdisziplinären Forschungsbereich „Wasserstoff und Kohlenstoff“. Die BOKU baut die Forschung im Kompetenzfeld „Klimafolgen, Umwelt und Naturgefahren“ aus. Die KFU Graz entwickelt den profilbildenden Forschungsbereich „Climate Change Graz“ weiter.

Im Herbst 2022 richtete die UWK den National Hub Biodiversität und Wasser (Netzwerk Biodiversität Österreich, n. d.) ein; er ist eine Initiative der Netzwerke Biodiversität Österreich und Austrian Joint Water Initiative (AJWI). Der Hub wird die Kooperation der beiden Forschungsgemeinschaften vorantreiben; er unterstützt die Beteiligung Österreichs an EU-Partnerschaften (Biodiversa+, Water4All, Animal Health and Welfare, Sustainable Food Systems etc.), EU-Missionen (insbesondere durch den „Österreichischen Umsetzungsplan“) und an weiteren Higher-Education (HE)-Angeboten zur Umsetzung des Green Deal.

Die Universitäten wirken an nationalen und internationalen Klimaberichten wie dem Österreichischen Sachstandsbericht Klimawandel 2024 (2. Österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel, 2023) mit und sind am Reviewprozess zum APCC (Austrian Panel on Climate Change) Special Report „Strukturen für ein klimafreundliches Leben“ beteiligt. Unter der Leitung der KFU Graz haben sich TU Wien, BOKU, PLUS, Uni Wien und einige außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen, um sich gemeinsam mit dem Projekt „Wege zur klimawandelrobusten und klimaneutralen Gesellschaft“ an der Exzellenzinitiative des FWF „excellent=austria“ (FWF, n. d.) zu beteiligen.

Das Forschungsfeld der Bioökonomie ist ein Wirtschaftskonzept, das fossile durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt und so zur Dekarbonisierung beiträgt. 2019 legte das BMBWF die Bioökonomie-Strategie für Österreich (BMBWF, 2023a) vor, in der die Universitäten eine wesentliche Rolle spielen. Ein Drittel der Universitäten ist im Bereich der Bioökonomie in der Grundlagenforschung aktiv. Als Vorreiterin gilt die BOKU, die sich 2018 erfolgreich mit fünf anderen europäischen Universitäten zur "European Bioeconomy University" zusammengeschlossen und 2019 ein eigenes Zentrum für Bioökonomie als Anlaufstelle für Stakeholderinnen und Stakeholder aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik gegründet hat.