4.4 Finanzielle und wirtschaftliche Lage

Für die Beurteilung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage der Universitäten stehen dem BMBWF im wesentlichen folgende drei Instrumente zur Verfügung – gereiht nach Planungshorizont:

  • Die dreijährige Planungsrechnung: Auf Basis der abgeschlossenen LV legen die Universitäten eine Planung für die gesamte LV-Periode vor. Sie enthält im Wesentlichen eine vereinfachte Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz sowie Liquiditätsrechnung.
  • Das vierteljährliche Finanz- und Beteiligungscontrolling des Bundes: Gemäß der Beteiligungs- und Finanzcontrolling-Verordnung des BMF erstellen die Universitäten vierteljährliche Unternehmensberichte mit Kennzahlenvergleichen (Soll-Ist-Vergleiche), Informationen zum aktuellen Rechnungsjahr (inkl. Kommentierung wesentlicher Zielabweichungen) und einer Prognose für das Folgejahr. Nach einer inhaltlichen Überprüfung durch das BMBWF gehen diese Berichte elektronisch an das BMF. Jeder Quartalsbericht umfasst monetäre und nicht-monetäre Kennzahlen zu Bilanz, Ertragslage, Investitionen und den Beschäftigten.
    Der Bericht enthält außerdem eine Liste mit den Organmitgliedern der Universitäten (Rektorate und Universitätsräte), Finanzkennzahlen (zahlungsstromorientierte Vergleiche) und Informationen zu allgemeinen und branchenspezifischen Risiken bzw. zur besonderen Risikosituation der Universität. Auf Grundlage dieser Berichte lassen sich künftige Entwicklungen, die den laufenden Betrieb der Universitäten betreffen, besser abschätzen. 
    Die sogenannte Risikoberichterstattung ist seit dem Jahr 2012 ein wesentlicher Teil des vierteljährlichen Beteiligungscontrollings und ein wichtiger Bestandteil der betriebswirtschaftlichen Berichtspflichten der autonomen Universitäten gegenüber dem Bund. Die letzte Novelle der Beteiligungs- und Finanzcontrolling-Verordnung des BMF 2019 führte zu einer inhaltlichen Straffung dieses Berichtselements: Der Zahlenteil wurde auf die Kategorien Ereignis- und Finanzrisiken reduziert; allgemeine Risikobeschreibungen erfolgen weiterhin.
    Das BMF übermittelt gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 im so genannten Parlamentsbericht dem Nationalrat jährlich zu den Stichtagen 31. März und 30. September Berichte über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrollings aller dem Bund zur Aufsicht unterliegenden Rechtsträger; darunter fallen auch die öffentlichen Universitäten. Der Budgetausschuss des Parlaments und das BMF haben sich auf eine zusammenfassende, verbale und tabellarische Darstellung der wesentlichen Kennzahlen verständigt. Mit der letzten Novelle der Beteiligungs- und Finanzcontrolling-Verordnung des BMF 2019 deckt das Beteiligungscontrolling den Parlamentsbericht inhaltlich vollständig ab: Sowohl Beteiligungscontrolling wie auch Parlamentsbericht verwenden also die gleichen Analysen.
  • Der jährliche Rechnungsabschluss: In Anwendung von § 16 UG bzw. der Universitätsrechnungsabschluss-Verordnung (RA-VO) werden die UGB-konformen Rechnungsabschlüsse der Universitäten – nach Genehmigung durch den Universitätsrat – bis spätestens Ende Mai des Folgejahres dem BMBWF übermittelt. Gemeinsam mit Wirtschaftsprüfberichten stehen sie dem BMBWF für eine detaillierte Analyse zur Verfügung.

Rechnungsabschlussanalyse

Im Zentrum der jährlichen Rechnungsabschlussanalyse des BMBWF steht die vergleichende Beobachtung der Entwicklung ausgesuchter Kennzahlen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie zur Liquiditätssituation der Universitäten. 

Anhand von Bilanzdaten – berechnet über alle Universitäten mit Ausnahme der UWK – zeigt die Detailanalyse für die LV-Periode 2019–2021 einen Anstieg der Bilanzsumme um rund 19 %; das Anlagevermögen nahm ebenfalls um rund 25 % zu. Positiv haben sich in den drei Jahren auch die sogenannten „Eigenmittel“ (= Eigenkapital zuzüglich Rücklagen und Investitionskostenzuschüsse) entwickelt: Über alle 21 Universitäten berechnet betrugen sie am Ende der LV-Periode in Summe ca. € 1,5 Mrd. Daraus resultiert auch eine stabile Eigenmittelquote (Eigenmittel in Relation zur Bilanzsumme) von rund 41 %, welche somit eine gewisse Reserve für schwierigere Zeiten darstellt. Demgegenüber ist aber auch ein wesentlicher Anteil des Fremdkapitals, des sogenannten „Sozialkapitals“ (= entspricht den langfristigen Rückstellungen für Personalverpflichtungen) weiter angestiegen und beträgt am Ende der Periode rund € 318 Mio.

In der Gewinn- und Verlustrechnung betrugen in dieser LV-Periode die Erlöse aus den Globalbudgetbeiträgen rund € 3,7 Mrd. (2021). Trotz dieses hohen Betrages zeigt die Ergebnisentwicklung, dargestellt anhand des Ergebnisses der gewöhnlichen Universitätstätigkeit (EGU – Summe aus Betriebsergebnis und Finanzergebnis), in den Jahren 2019 und 2020 einen Rückgang des positiven Ergebnisses. Erst im Jahr 2021 gab es mit rund € 81 Mio. über alle 21 Universitäten zusammengerechnet wieder einen größeren Überschuss. Damit konnte über die gesamte LV-Periode kumuliert ein Überschuss von rund € 112 Mio. erreicht werden.

Die frei verfügbaren Finanzmittel (Cashflow) sind über die gesamte Periode betrachtet auf insgesamt ca. € 372 Mio. gestiegen (vgl. Tabelle 4.4-1) und können anteilig für künftige Investitionen eingesetzt werden, damit der Substanzerhalt weiter gewährleistet ist.

Das insgesamt gute Ergebnis in der LV-Periode 2019–2021 ist auf die deutliche Budgetsteigerung (vgl. Abschnitt 4.2) bei gleichzeitig niedriger Inflation und moderaten Gehaltssteigerungen zurückzuführen. Neben der Finanzierung des Personalaufbaus konnten sich die Universitäten damit auch wirtschaftlich sehr solide aufstellen, um für wirtschaftlich schwierige Zeiten gewappnet zu sein. 

Dies ermöglicht es den Universitäten nun, die aktuelle Teuerungskrise der laufenden LV-Periode 2022–2024 (vgl. Abschnitt 4.3) weitgehend unbeschadet zu überstehen und ihren Beitrag zu deren Bewältigung zu leisten.

Tabelle 4.4-1: Entwicklung in den universitären Rechnungsabschlüssen LV-Periode 2019–2021:

¹ Umfasst Bilanzposition „Eigenkapital“ zuzüglich ggf. eingestellte Investitionszuschüsse und Rücklagen.
² Langfristige Personalverpflichtungen (Rückstellungen für Abfertigungen und Pensionen sowie Rückstellungen für Jubiläumsgelder).
³ Ergebnis vor Steuern lt. Gewinn- und Verlustrechnung.
⁴ Berechnung gem. AWS Formel.

Quelle: BMBWF

Erlösquellen der Universitäten

Die Zusammensetzung der „Umsatzerlöse“ zeigt die Bedeutung der betrieblichen Erlösquellen für die Finanzierung der Universitäten. Wie schon in den vorherigen LV-Perioden sind die „Erlöse aus dem Globalbudgetbeitrag des Bundes“ die mit Abstand bedeutendste Einnahmequelle der Universitäten: In der LV-Periode 2019–2021 betrug der Anteil der Globalbudgeterlöse kumuliert rund 78 % sämtlicher Umsatzerlöse. Mit deutlichem Abstand folgen die beiden Drittmittelquellen als zweitgrößte Erlösquelle. In Summe tragen die Erlöse aus Tätigkeiten entsprechend §§ 27 und 26 UG rund 17 % zu den jährlichen Umsatzerlösen bei (s. Abbildung 4.4-1).

Abbildung 4.4-1: Anteile der Erlösquellen an den Umsatzerlösen in der LV-Periode 2019–2021:

Quelle: BMBWF

Frühwarnberichterstattung

Für den Fall, dass eine Universität in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, sieht § 16 der Universitätsrechnungsabschluss-Verordnung (URAV) die Vorlage eines Frühwarnberichts seitens der Universität vor. Dies ist der Fall, wenn

  • ein negatives Jahresergebnis und eine Eigenmittelquote mit weniger als 8 % oder
  • ein negatives Jahresergebnis und ein Mobilitätsgrad unter 100 %
  • erreicht wird.

Der Universitätsrat leitet den Frühwarnbericht gemeinsam mit dem Rechnungsabschluss an das BMBWF weiter. Sollte die Notwendigkeit eines Frühwarnberichts schon vor Ablauf des Geschäftsjahrs absehbar sein, hat das Rektorat diese unverzüglich dem Universitätsrat zur Kenntnis zu bringen. Der Frühwarnbericht wird anschließend binnen vier Wochen vom Universitätsrat an das BMBWF übermittelt.

Der Frühwarnbericht ist v. a. ein zukunftsbezogener Bericht und umfasst Angaben zu den Ursachen für einen erwarteten Jahresfehlbetrag, die wichtigsten Planungsprämissen für die Dauer der laufenden LV sowie mögliche Einsparungs- und Sanierungsmaßnahmen. Droht eine Zahlungsunfähigkeit der Universität, muss der Frühwarnbericht eindeutige Angaben zum Zeitpunkt der erwarteten Zahlungsunfähigkeit sowie zur voraussichtlichen Lücke an liquiden Mitteln enthalten. Die Frühwarnberichterstattung stellt sicher, dass Universitäten mit einer angespannten Liquiditätssituation oder einer zu geringen Eigenmittelausstattung das BMBWF frühzeitig informieren, um rechtzeitig notwendige Gegenmaßnahmen einleiten zu können. 

Während der gesamten LV-Periode 2019–2021 war nur die PLUS 2019 zur Vorlage eines Frühwarnberichts verpflichtet. Ab Mitte 2019 fanden laufend Gespräche zur Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung der PLUS statt, die zu einer Verbesserung der Situation führten. In den Folgejahren der LV-Periode war keine weitere Frühwarnberichtspflicht gegeben. Im Rechnungsjahr 2022, dem ersten Jahr der aktuellen LV-Periode, gab es trotz der (v. a. wegen der Inflation) angespannten Gesamtwirtschaftslage bei keiner Universität eine Frühwarnberichterstattungspflicht.

Aktuelle Wirtschaftliche Lage der Universitäten laut Rechnungsabschluss 2022

Für den vorliegenden Universitätsbericht bilden die bis Ende Mai 2023 vorgelegten universitären Rechnungsabschlüsse über das Jahr 2022 die Analysegrundlage zur aktuellen finanziellen und wirtschaftlichen Lage (vgl. Tabellen 4.4-2 und 4.4-3). Aus diesen werden folgende Entwicklungen ersichtlich:

  • Das Vermögen – bestehend aus dem langfristigen Anlagevermögen und dem kurzfristigen Umlaufvermögen in der Bilanz – wird z. B. anhand der Kennzahl Investitionsdynamik analysiert; die Investitionsdynamik stellt die gesamten Anlagenzugänge den dafür vorgenommenen Abschreibungen gegenüber und trifft somit eine Aussage zum Anlagenbestand. Über alle 21 öffentlichen Universitäten (exkl. UWK) betrachtet gab es einen Anstieg des Anlagevermögens; der Kennzahlenwert betrug rd. 119 %. Das bedeutet, dass die Anschaffungen von Sachanlagen und immateriellen Vermögensgütern berechnet über alle Universitäten die notwendigen Jahresabschreibungen im Schnitt um rund 19 % überstiegen – es war ausreichend Substanzerhalt gegeben. Sieben Universitäten (sowie die UWK) investierten deutlich weniger als abgeschrieben (weniger als 90 %). V. a. Kunstuni Linz, AAU, TU Graz und PLUS konnten kein ausgeglichenes Verhältnis (= 100%-Marke) zwischen Abschreibungen und Investitionen (= Anlagenzugängen) erreichen; über mehrere Jahre kann dies zu einer Überalterung des Anlagenbestands bzw. zu einem Substanzverlust führen.
  • Die Kapitalstruktur (= Eigenkapital oder Fremdkapital) stellt in der Bilanz anhand von Kennzahlen die Finanzlage der Universitäten dar; sie ist weiterhin stabil. Über alle 21 wissenschaftlichen Universitäten ist mit rund 39 % eine gute Eigenmittelausstattung (= Anteil der Eigenmittel an der Bilanzsumme) gegeben. Die MUW liegt mit rund 9 % im Rechnungsjahr 2022 wieder knapp über der Mindesthöhe von 8 % laut Unternehmensreorganisationsgesetz.
  • Die Ertragslage sank gegenüber dem Vorjahr um rund 70 %, was v. a. der wirtschaftlichen Gesamtsituation (Inflation u. ä.) geschuldet war. Für alle 21 wissenschaftlichen Universitäten beträgt das Ergebnis vor Steuern ca. € 24 Mio. Acht Universitäten (sowie die UWK) weisen im Rechnungsjahr 2022 einen Jahresfehlbetrag auf; die betreffenden Universitäten bedeckten ihn durch vorhandene Liquiditätsreserven. Die Betriebsleistung (= Summe aller Umsatzerlöse, Bestandsveränderungen, aktivierter Eigenleistungen und sonstiger betrieblicher Erträge) stieg gegenüber dem Vorjahr um ca. 4 %, auf rund € 4,9 Mrd. Die Umsatzerlöse als wichtigster Posten stiegen ebenfalls mit ca. 3 % und betrugen im Rechnungsjahr 2022 rd. € 4,8 Mrd. Allein die Erlöse aus den Globalbudgetzuweisungen machen davon rund € 3,8 Mrd. aus. Im Vergleich ist die Summe sämtlicher betrieblicher Aufwendungen (= Sach- und Personalaufwand, Abschreibungen, sonstige betriebliche Aufwendungen) noch stärker angestiegen – nämlich um rund 5 %. Der Personalaufwand – als größter Aufwandsposten – stieg um ca. 4 % und betrug rund € 3,2 Mrd.
  • Zum Bilanzstichtag des Rechnungsjahrs 2022 ist die Liquiditätssituation ausreichend. Die Kennzahl Mobilitätsgrad beträgt rund 117 % (über alle 21 erfassten öffentlichen Universitäten berechnet) und zeigt, dass stichtagsbezogen fast alle Universitäten über ausreichende Finanzmittel verfügten; bei vier Universitäten lag der Kennwert unter der 100-%-Marke. 
  • Die Kennzahl „fiktive Schuldentilgungsdauer“ gibt an, in wie vielen Jahren alle Verbindlichkeiten aus dem Finanzmittelüberschuss (Cashflow) bezahlt werden können. Zum Bilanzstichtag Ende 2022 lag die Zeitspanne über alle Universitäten gerechnet bei knapp über einem Jahr – ein sehr guter Wert. Somit war 2022 eine ausreichende bis gute Liquidität gegeben. Nur die JKU und die TU Graz (vgl. Tabelle 4.4-3) wiesen einen höheren Wert auf, der aber weit unter dem zulässigen Zeitraum von 15 Jahren gemäß Unternehmensreorganisationsgesetz liegt.

Tabelle 4.4-2: Rechnungsabschlusskennzahlen (in T EUR) je Universität

¹ Umfasst Bilanzposition „Eigenkapital“ zuzüglich ggf. eingestellte Investitionszuschüsse und Rücklagen.
² Ergebnis vor Steuern lt. Gewinn- und Verlustrechnung.
³ Berechnung gem. AWS Formel.

Quelle: BMBWF

Tabelle 4.4-3: Rechnungsabschlusskennzahlen (in Prozent) je Universität 2022:

¹ Anteil des Umlaufvermögens an den kurzfristigen Fremdmitteln. Die Berechnung erfolgt gem. § 16 (3) RA-VO.
² Dauer in Jahren. Effektivverschuldung (Berechnung gem. AWS Formel f.d. Fikt. Entschuldungsdauer) in Relation zum Cash Flow.
³ Zugänge zu immateriellen Vermögen und Sachanlagen in Relation zu den Abschreibungen auf immaterielles Vermögen und Sachanlagen.
⁴ Eigenmittel in Relation zur Bilanzsumme. Die Berechnung erfolgt gem. § 16 (2) RA-VO.

Quelle: BMBWF