6.2.2 Schwerpunkte in den Leistungsvereinbarungen

Die universitäre Profilbildung ist auch in der Periode 2022-24 wieder ein wesentliches Thema. Viele Universitäten verfolgen dabei das Ziel, ihre Stärkefelder zu bündeln und ihre Forschungsaktivitäten inter- und transdisziplinär zu vernetzen, um die Sichtbarkeit nach außen zu erhöhen. Dabei spielt auch die Konkurrenz um Drittmittel im Bereich der wissenschaftlichen Exzellenz – etwa die Exzellenzinitiative des FWF auf nationaler Ebene und ERC Grants des Europäischen Forschungsrates (European Research Council – ERC) auf europäischer Ebene – eine zunehmend größere Rolle. 

In den Leistungsvereinbarungen 2022–2024 haben alle Universitäten Forschungsschwerpunkte definiert. Je nach Ausrichtung der Universität und ihrer Prioritäten gestalten sich diese unterschiedlich (vgl. Tabelle 6.2.2-1). 

Tabelle 6.2.2-1: Übersicht über die Forschungsschwerpunkte und Schwerpunkte in der Entwicklung und Erschließung der Künste aus den LV 2022–2024

Quelle: LV 2022–2024 der Universitäten

Die Auswahl der Forschungsschwerpunkte orientiert sich an herausragenden Forschungsleistungen anhand von Preisen, Auszeichnungen, Großprojekten und erfolgreich lukrierten Drittmitteln (z. B. ERC Grants, FWF-Spezialforschungsbereiche, FWF-Doktoratskollegs, START-Preise, Wittgenstein-Preis, CD-Labors, COMET-Projekte, Exzellenzinitiative des FWF). 

Neben der Umsetzung der LV-Ziele zur Profilbildung berichten die Universitäten in den Wissensbilanzen über Entwicklungen und Erfolge in ihren Forschungsschwerpunkten, um die Wirkung profilbildender Maßnahmen zu belegen. 

Die Ressourcenwirksamkeit der Forschungsschwerpunkte durch Berufungs- und Personalpolitik und durch Investition in Forschungsinfrastruktur (FI) ist Teil der gesamtösterreichischen Entwicklungsplanung; Organisation und Umsetzung der inhaltlichen Schwerpunkte liegen im autonomen Bereich der Universitäten. Sie unterliegen einem laufenden universitätsinternen Evaluierungsprozess mit Fokus auf die Profilschärfung und internationale Positionierung der österreichischen Universitäten.

Im Folgenden werden exemplarisch die Schwerpunktsysteme jener Universitäten kurz vorgestellt, deren Forschende ein Cluster of Excellence der Exzellenzinitiative des FWF (vgl. Abschnitt 6.2.3) als Director of Research leiten. Dies soll verdeutlichen, wie sich Themen der einzelnen Cluster aus den Forschungsschwerpunkten heraus entwickelt haben. 

Die Uni Wien gruppierte die Forschungsschwerpunkte ihrer Fakultäten zu insgesamt zehn Stärkefeldern. Indikatoren waren z. B. Einwerbung von Drittmitteln, Zuerkennung renommierter Wissenschaftspreise, besondere internationale Sichtbarkeit, Wissensvermittlungs- und Verwertungsaktivitäten sowie Forschungsaktivitäten zu SDGs. Die Fakultät für Lebenswissenschaften und das Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft tragen das universitäre Stärkefeld „Mikrobiologie, Ökosysteme und Evolution“: Es erforscht auf planetarer Ebene mikrobiologische, evolutionäre, entwicklungsbiologische und ökologische Prozesse und erhielt u. a. mehrere ERC Grants, einen Wittgenstein-Preis, ein FWF-doc.funds-Projekt und ein FWF-Zukunftskolleg. Im März 2023 wurde das Cluster of Excellence „Mikrobiome als Motor planetarer Gesundheit“ bewilligt; der Mikrobiologe Michael Wagner ist Director of Research, 18 weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Wien sind beteiligt. 

An der LFU Innsbruck erfolgt Profilbildung in der Forschung in „Forschungsschwerpunkten“ (FSP), „Forschungsplattformen“ (FP) und „Forschungszentren“ (FZ). Dieses dreistufige, fakultätsübergreifende Schwerpunktsystem forciert interdisziplinäre Forschungs- und Vernetzungsaktivitäten. Die Mitglieder des Forschungsschwerpunkts „Physik“ erhielten bereits vier Wittgenstein-Preise, 2020 konnten drei ERC Grants sowie ein FWF-START-Preis eingeworben werden; im Jahr 2022 waren es insgesamt sechs ERC Grants. Das vom FWF in den Jahren 2016–2023 geförderte Doktoratskolleg „Atome, Licht und Moleküle“ gehörte zu diesem Forschungsschwerpunkt. Drei Forschungszentren der LFU Innsbruck sind an diesem Stärkefeld mit den Forschungsgebieten Astro- und Teilchenphysik, Ionen- und Plasmaphysik/Angewandte Physik und Quantenphysik beteiligt. Die national und international starke Vernetzung zeigt sich an den Mitgliedschaften beim Cherenkov Telescope Array Observatory (CTAO) sowie dem European Southern Observatory (ESO), der Nutzung von CERN (Europäische Organisation für Kernforschung), die Kooperation mit EUROfusion und der Beteiligung am Erwin Schrödinger Center for Quantum Science & Technology (ESQ). Zum Forschungsschwerpunkt „Physik“ gehört auch der bewilligte Exzellenzcluster „Quantum Science Austria“, den der Quantenphysiker Gregor Weihs leitet. In diesem Cluster kooperiert die LFU Innsbruck mit TU Wien, Uni Wien, ISTA und ÖAW, die alle österreichische Leuchttürme in der Quantenphysik sind. 

Die TU Wien ordnet 90 % ihrer Forschungsleistung 38 „Forschungsfeldern“ zu und fasst sie zu fünf „Forschungsschwerpunkten“ sowie vier „Additional Fields“ zusammen, wobei Forschungsfelder alle drei Jahre im Rahmen einer internen Evaluierung im Entwicklungsplan angepasst werden. Günther Rupprechter, Professor für Oberflächenchemie an der TU Wien, leitet den Exzellenzcluster „Materialien für Energiekonversion und Speicherung“, der in den Forschungsschwerpunkten „Energy and Environment“ und „Materials and Matter“ verortet ist. Der Forschungsschwerpunkt „Energy and Environment“ beschäftigt sich mit großen gesellschaftlichen Fragestellungen zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, die interdisziplinäre Lösungen erfordern. Der Cluster ist in Kooperation mit dem Materialforschungsschwerpunkt „Materials and Matter“ der TU Wien eingereicht und kooperiert ebenfalls mit der LFU Innsbruck, dem ISTA und der Uni Wien. Die Mitglieder der Forschungsschwerpunkte konnten mehrere ERC Grants und Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen-Förderungen einwerben. Im Rahmen der nationalen Forschungsförderung wurden 13 CD-Labors, zwei K2-Zentren und acht K1-Zentren eingerichtet. Außerdem sind zwei FWF-Doktoratskollegs sowie drei FWF-Spezialforschungsbereiche (SFBs) aktiv. Die beiden Forschungsschwerpunkte erhielten insgesamt zwölf START-Preise.