7.4 Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen

Ein zentraler Punkt der Bildungspolitik ist es, dass alle Menschen während des gesamten Lebens für Beschäftigungsfähigkeit, persönliche Entwicklung und gesellschaftliche Teilhabe lernen sollen. Die EU sieht lebensbegleitendes Lernen als Schlüssel für die Bewältigung neuer Herausforderungen, wobei dabei die Qualifizierung für Beschäftigungsfähigkeit in Bereichen wie Digitalisierung, nachhaltiges Handeln, Technik, Naturwissenschaften und künstliche Intelligenz im Vordergrund steht. 

Die österreichischen Universitäten boten als Aus- und Weiterbildungseinrichtungen im Berichtszeitraum vielfältige Möglichkeiten des lebensbegleitenden Lernens. Die Weiterbildungsreform 2021 brachte eine gesetzliche Ausweitung der Anerkennung, insbesondere von außerhochschulischen Lernleistungen und Vorqualifikationen. Die Neuregelungen zielten darauf ab, lebensbegleitendes Lernen an Hochschulen zu stärken, gleiche Rahmenbedingungen an allen tertiären Bildungseinrichtungen zu schaffen und die Durchlässigkeit zwischen Hochschul- und Berufsbildung zu fördern. Die Universitäten erhielten mehr Spielraum zur Gestaltung ihres Studien- und Lehrgangsangebots. 

Die Neuregelung setzte Elemente des Bologna-Prozesses, wie alternative Zugangsmöglichkeiten zu hochschulischer Bildung und die Anerkennung non-formal und informell erworbener Kenntnisse und Kompetenzen (Recognition of Prior Learning/RPL), nachhaltig um. Die Qualitätssicherungsagentur AQ Austria (www.aq.ac.at) begleitete den Prozess, deren gesetzliche Aufgabe es war, im Hochschulbereich Information und Beratung zu Fragen der Anerkennung nicht-formal und informell erworbener Kompetenzen bereitzustellen. Die AQ Austria gründete ein Netzwerk (RPL Network Austria) und führte im Rahmen des Erasmus+-Projekts 3-IN-AT-PLUS Kooperationspartnerinnen und -partner aus einem abgeschlossenen Erasmus+-Projekt zum European RPL Network zusammen. 

Alle Universitäten stellten Weiterbildungsangebote in unterschiedlichen Formaten für verschiedene Zielgruppen bereit. Hochschulstrategische Maßnahmen und konkretisierte Vorhaben der LV-Perioden führten zu einer Konsolidierung der Angebote. Die Universitäten forcierten qualitative statt quantitative Steigerungen v. a. bei der Neugestaltung der rechtlichen Grundlagen und der Anerkennung und Anrechnung von non-formal und informell erworbenen Kompetenzen. Das AUCEN-Netzwerk (www.aucen.ac.at) für universitäre Weiterbildung und Personalentwicklung der österreichischen Universitäten vertrat zum Zeitpunkt der Berichtslegung 21 Universitäten. 

Reform der Weiterbildung

Mit der Novelle des UG BGBl. I 177/2021 kam es zu einer zentralen Reform, die mit 1.10.2021 in Kraft trat. Die Rahmenbedingungen für hochschulische Weiterbildungsangebote und Universitätslehrgänge wurden vereinheitlicht und in die Bologna-Struktur (Bachelor - Master - PhD) eingegliedert. Neben den Masterlehrgängen sieht das Gesetz berufsbegleitende Weiterbildungsbachelorstudien vor. Ein Masterabschluss eines Universitätslehrgangs ermöglicht seither grundsätzlich ein Doktoratsstudium. Die Gleichwertigkeit der akademischen Grade schafft Durchlässigkeit zwischen Regel- und Weiterbildungsstudien. Abschlüsse aus Weiterbildungsstudien erhalten den Zusatz „(CE)“ für „Continuing Education“. Die Übergangsbestimmungen sehen ein letztmaliges Angebot von Universitätslehrgängen nach altem Muster bis 2023/2024 vor; sie können innerhalb der im jeweiligen Curriculum festgelegten dreifachen Studiendauer abgeschlossen werden. 

Tabelle 7.4-1: Zulassungsvoraussetzungen und Abschlüsse von Universitätslehrgängen nach der Weiterbildungsreform

Quelle: BMBWF

Umsetzung der Weiterbildungsreform, Studienangebot und Studierende

Seit Inkrafttreten der neuen Regelungen für Weiterbildung richteten insgesamt 13 Universitäten bis Mitte Juli 2023 65 Universitätslehrgänge mit folgenden Abschlüssen ein: 

  • 60 Lehrgänge hatten einen Masterabschluss, davon acht mit einem LL.M, sieben mit einem Executive MBA. 
  • Fünf wiesen einen Bachelorabschluss aus, davon zwei einen Bachelor Professional. 

Die zeitnahe Einrichtung von Universitätslehrgängen mit einem Bachelorabschluss führten in der LV-Periode 2022–2024 fünf Universitäten an; der Großteil zeigte sich dem Format gegenüber aufgeschlossen.

Das Gesamtangebot an Universitätslehrgängen blieb im Berichtszeitraum insgesamt stabil. Bei einzelnen Universitäten zeichneten sich mit der Neugestaltung der Weiterbildung Veränderungen ab. Manche Universitäten reduzierten ihr Angebot, andere steigerten es deutlich. Im Berichtszeitraum war erstmals ein Rückgang der Studierenden in Universitätslehrgängen festzustellen, der auf umfangreichere Konsolidierungen an der AAU und der UWK zurückzuführen war. 

Aufgrund des weitgehenden Wegfalls des Hochschulzugangs ohne Matura zu Universitätslehrgängen mit akademischem Abschluss, wird im Zuge der Implementierung des Weiterbildungspakets zumindest vorübergehend mit einem weiteren Rückgang der Studierendenzahlen zu rechnen sein. Zum Zeitpunkt der Berichtslegung war die Anzahl der Studierenden in Universitätslehrgängen nach Universitäten unterschiedlich und spiegelte u. a. die Breite an universitären Strategien wider. Die WU und die Uni Wien, die sich seit Jahren aktiv positioniert hatten, verzeichneten z. B. eine deutliche Steigerung der Studierenden in Lehrgängen. 

Tabelle 7.4-2: Studien in Universitätslehrgängen nach Universitäten und Geschlecht, Wintersemester 2022

Anmerkung: Ohne Vorbereitungs- und Vorstudienlehrgänge und ohne Lehrgänge für die Studienberechtigungsprüfung.
Studierende in mehr als einem Universitätslehrgang sind mehrfach gezählt.

Quelle: Datenmeldungen der Universitäten auf Basis UHSBV zum jeweiligen Stichtag; Datenprüfung und -aufbereitung: BMBWF, Abt. IV/10

Weiterbildung und LLL in den LV

Evaluierungen und die Ergebnisse der LV zeigten über mehrere Dreijahresperioden hinweg eine deutliche Systematisierung und Professionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung an Universitäten. In der LV-Periode 2019–2021 wurden die Universitäten dazu angehalten, ihr Weiterbildungsangebot unter Berücksichtigung ihrer LLL-Strategie stärker an die institutionelle Entwicklungsplanung zu koppeln; bei der Weiterentwicklung von Universitätslehrgängen sollten sie auf Kostendeckung, Qualitätssicherung und strategische Verankerung in der universitären Struktur achten. 

Die Vorgaben für die LV führten zu guten Ergebnissen in der Konsolidierung und Fokussierung (vgl. BMBWF, 2018a, S. 178 und BMBWF, 2021d, S. 171); die LV-Periode 2022–2024 schloss mit neuen Anforderungen an die Weiterbildungsreform an. Die LV 2022–2024 legten Vorhaben und Ziele fest, um die Absolventinnen und Absolventen bzw. Menschen mit Berufserfahrung und unterschiedlicher Vorbildung zu unterstützen; sie berücksichtigten explizit das Systemziel 3c des GUEP zur Verbesserung der Durchlässigkeit bei der Weiterbildung, die Strategie zur sozialen Dimension sowie die „österreichische Strategie“ zur Validierung non-formalen und informellen Lernens. Weiters sollten die Universitäten eine institutionelle Weiterbildungsstrategie vorlegen. 

Einige Universitäten entwickelten neue Strategien oder richteten ihre Weiterbildung neu aus. Neun Universitäten verpflichteten sich in der LV-Periode 2022–2024 zur Entwicklung einer institutionellen Weiterbildungsstrategie. Die Universitäten verfolgten die Validierung nicht-formaler und informeller Kompetenzen und Qualifikationen weiter. Die Aktivitäten reichten von der Berücksichtigung von Validierungsverfahren in den Satzungen bis zu Forschungsprojekten, Veranstaltungen und Publikationen. Die Begleitung in Form von Beratungen und Schulungen erfolgt bedarfsorientiert durch die AQ Austria.