4.4.1 Effekte auf Wirtschaft und Gesellschaft

Mit der Produktion und Vermittlung von Wissen in Lehr- und Forschungsprozessen haben Universitäten eine wichtige Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Österreich und tragen maßgeblich zur Lösung gesellschaftlicher Probleme bei. Die WIFO-Studie „Wirtschaftliche Effekte von Universitäten. Aktualisierung 2022“ (Arnold et al., 2022) zeigt, dass öffentliche Investitionen in Universitäten innerhalb relativ kurzer Zeit – etwa 3 bis 5 Jahre – positive Erträge für den Staat bringen. Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um die Weiterführung der Studie von Janger et al. (2017). Es wird erneut eine gesamthafte Berechnung der Wertschöpfungseffekte von öffentlichen Universitäten in Österreich vorgenommen.  Diese Erträge wachsen langfristig weiter, indem sie sich z. B. positiv auf die Erwerbsquote und Einkommenshöhe auswirken und so als niedrigere Kosten (z. B. durch Arbeitslosengeld) und höhere Einnahmen (z. B. durch höhere Einkommenssteuern) für den Staat niederschlagen. Wirtschaftliche Effekte entstehen einerseits nachfrageseitig (z. B. durch Personalausgaben und Investitionen der Universitäten) sowie angebotsseitig (z. B. durch höhere Unternehmensproduktivität aufgrund von universitär generiertem Wissen). Gesellschaftliche Effekte entstehen unter anderem durch die Nutzung des universitären Wissens zur Lösung gesellschaftlicher Probleme.

Nachfrageseitige wirtschaftliche Effekte gehen v. a. auf Beschäftigungs- und Steuereffekte im Universitätsbetrieb zurück. Personal-, Sach- und Betriebsausgaben der Universitäten von € 4,5 Mrd. (2020) – davon 78 % (rund € 3,5 Mrd.) öffentlich finanziert – bzw. von € 4,5 Mrd. bringen Wertschöpfungseffekte von € 7 Mrd. (zum Vergleich 2015: € 6,3 Mrd.) sowie Steuern und Ausgaben von € 3,5 Mrd. (2015: € 3,1 Mrd.). Durch Konsumausgaben ausländischer Studierender entstehen zusätzliche Wertschöpfungseffekte von € 1,4 Mrd., 13.400 Beschäftigungsverhältnisse (VZÄ) und € 420 Mio. an Abgaben: Die in Universitäten investierten öffentlichen Mittel rentieren sich bereits durch die kurz- bis mittelfristigen Rückflüsse. 

Angebotsseitige wirtschaftliche Effekte entstehen durch langfristig höhere staatliche Einnahmen und geringere staatliche Ausgaben für Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Ihre Erwerbstätigenquote lag 2021 mit 86 % signifikant über dem österreichischen Durchschnitt (72 %). Gleichzeitig entstehen durch die Einkommensvorteile von Hochschulabsolventinnen und -absolventen gegenüber Absolventinnen und Absolventen niedrigerer Bildungsstufen gepaart mit der progressiven Einkommensversteuerung höhere staatliche Einnahmen. Die geringere Arbeitslosigkeitsquote führt zu weniger Ausgaben für den Staat. 2018 lagen die resultierenden finanziellen Nettoerträge für den Staat bei einer Ertragsrate von 5–7,3 % weit über den Erträgen von beispielsweise Bundesanleihen (2021: 0,3 %).

Das von den Universitäten generierte Wissen ist ein zentraler Faktor in (unternehmerischen) Innovationsprozessen, die den Wirtschaftsstandort Österreich absichern. Österreichische Unternehmen kooperieren in hohem Ausmaß (49 %; EU-28: 33 %) mit Hochschulen. Gleichzeitig führten 81 % der Unternehmen, die mit Hochschulen kooperieren, Marktneuheiten (d. h., Innovationen mit hohem Neuigkeitsgrad) ein. Universitäre Leistungen zählen zu den wichtigsten Faktoren bei Standortentscheidungen forschungsaktiver Konzerne: Sie wirken sich potenziell positiv auf die Ansiedlung von Unternehmen, das Wachstum wissensintensiver Branchen und die Radikalität von Innovationen aus. Sie sind zentral für das Ziel der österreichischen Bundesregierung, zu einem führenden europäischen Innovationsführer („Innovation Leader“) zu werden. In Summe tragen die Effekte von Universitäten mit ihren Forschungs- und Lehrleistungen langfristig mit ca. 10 % zum jährlichen BIP-Wachstum bei. 

Zu den wirtschaftlichen Effekten kommen zahlreiche gesellschaftliche Effekte, die weniger leicht quantifizierbar sind. Sie entstehen u. a. durch Wissenstransfer, Weiterbildungsangebote, Wissenschaftskommunikation und direkte Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren. Die Hochschulen leisten z. B. wissenschaftliche und technologische Beiträge zur Lösung von „Grand Challenges“ (Klimawandel, Ressourcenknappheit, Migration, Armut, Krankheiten etc.) und zur Geschlechtergleichstellung. Weitere gesellschaftliche Effekte sind ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein, ein vergleichsweise hohes Sozialkapital und die Erhöhung der sozialen Mobilität (Bereitschaft zu lebenslangem Lernen), die durch Spillover-Effekte auf das soziale Umfeld der Universitätsangehörigen und Absolventinnen und Absolventen ausstrahlen.