10.4.1 Open Science

Unter Open Science (dt. „Offene Wissenschaft“) versteht man die freie Zugänglichkeit, Nutzbarmachung und Weiterverarbeitbarkeit von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungsdaten innerhalb der Forschungscommunity und für die Öffentlichkeit. Unter den Schirmbegriff Open Science fallen:

  • Open Access (freier Zugang zu Publikationen)
  • Open (Research) Data und Open Methods (freier Zugang zu Forschungsdaten und Methoden)
  • Open Evaluation (freie zugängliche Evaluierungen)
  • Open Infrastructure (Forschungsinfrastrukturen)
  • Open Education (Lehr- und Lernmaterialen unter freien Lizenzen; u. a. der Einsatz von offenen Bildungsressourcen [engl. Open Educational Resources - OER] für Studium und Lehre)
  • Citizen Science (Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in wissenschaftlicher Forschung)

Im digitalen Zeitalter sind Daten ein Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb und Open Science eine wichtige Voraussetzung für die verfassungsmäßig garantierte Freiheit der Wissenschaft. Gleichzeitig hat die zunehmende Digitalisierung eine Öffnung durch neue Wege der Beschaffung, Speicherung, Archivierung, Auswertung und Verbreitung von Forschungsergebnissen und -daten erst möglich gemacht.

Die Vision von Open Science ist es, wissenschaftliche Prozesse offener und effektiver zu gestalten und sowohl wissenschaftliche Exzellenz als auch offene, innovative und angewandte Forschung zur Bewältigung aktueller Herausforderungen zu nutzen. Open Science trägt zur Qualität und Effizienz der Wissenschaft bei, indem sie die Reproduktion von Forschungsergebnissen und die Mehrfachverwertung von Daten erleichtert und Forschungsmethoden transparent macht. Andererseits kommen Universitäten der Dritten Mission durch Open Science unmittelbar nach. Da beträchtliche öffentliche Mittel für Forschung ausgegeben werden, sollen möglichst viele Ergebnisse und Daten der Allgemeinheit zugänglich sein. Im Berichtzeitraum wurde u. a. die Open Science Policy Austria veröffentlicht und die European Open Science Cloud (EOSC) weiterentwickelt.

Mit der Open Science Policy Austria, die am 23. Februar 2022 beschlossen wurde, bekennt sich Österreich zur Open-Science-Bewegung sowie zur EOSC und setzt strategische EU-Richtlinien (wie Art. 10 der EU-Richtlinie 2019/102) und SDG-Maßnahmen um: Forschungsdaten sollen standarmäßig offen (open by default) verfügbar sein und dem FAIR-Prinzip (Findable - Accessable - Interoperable - Reusable) entsprechen.

In Österreich entwickelte sich in den vergangenen Jahren eine aktive Open-Science-Community. 

  • Die Initiative Open Science Austria (OSA) ist eine interdisziplinäre Stakeholderinnen- und Stakeholder-Plattform unter dem Dach der uniko. Ihr Einfluss erstreckt sich weit über die Hochschulwelt hinaus. Ihre Mission ist es, Open Science in Österreich zu einem integralen Bestandteil der Forschungskultur zu machen.
  • Das Forum Universitätsbibliotheken Österreichs (ubifo, https://ubifo.at/) ist ebenfalls Mitglied dieses Netzwerks. Die Universitätsbibliotheken spielen eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von Zugängen zu wissenschaftlichen Ressourcen. Die ubifo engagiert sich aktiv für Integration von Open Science in die Bibliothekspraxis.
  • Der FWF ist als eine der führenden Forschungsförderungsorganisationen des Landes bestrebt, die Prinzipien offener Wissenschaft in Projekte und Initiativen zu integrieren, die er finanziell unterstützt.
  • Die Österreichische Bibliothekenverbund und Service GmbH (OBVSG) und die Kooperation E-Medien Österreich (KEMÖ) arbeiten eng zusammen, um den Zugang zu elektronischen Medien und wissenschaftlicher Literatur zu fördern.
  • Das Open Science Network Austria (ehemals Open Access Network Austria - OANA) hat Empfehlungen und Schritte zur Förderung des Übergangs zum Open Access-Publikationsmodell entwickelt und die „Vienna Principles on Scholarly Communication“  veröffentlicht. Sie gelten als Meilenstein für eine offene und zugängliche Wissenschaft und das öffentliche Wohl.

Das BMBWF unterstützte gezielt universitäre Open Access-Projekte: Zahlreiche Universitäten forcierten Aufbau und Betrieb digitaler Datenspeicher, in denen Forschungsdaten und das dahinterliegende Rohmaterial verwahrt und für die Wissenschaftscommunity nutzbar gemacht werden, z. B. das Projekt PHAIDRA der Uni Wien oder die Visual Library der OBVSG. 

Alle 22 öffentlichen Universitäten verpflichten sich in den LV 2022–2024 zu Open-Science-Vorhaben. Open Access, Open Data und Open Science sind Bestandteil des GUEP 2022–2027, der die Grundlage für die Entwicklungsplanung und die LV der Universitäten ist – speziell durch das Systemziel 5a (Förderung von Open Access, Open Data und Open Science) und die Umsetzungsziele.

European Open Science Cloud (EOSC)

Die EOSC sieht den Aufbau einer europäischen föderierten Dateninfrastruktur vor: Sie bietet Cloud-Lösungen und Forschungsdaten-Services mit hoher Kapazität für europäische Forschende, Unternehmen, öffentliche Institutionen sowie Bürgerinnen und Bürger. In einer föderierten und offenen multidisziplinären Umgebung können Daten, Tools und Dienste über alle wissenschaftlichen Disziplinen für Forschungs-, Innovations- und Bildungszwecke grenzüberschreitend veröffentlicht, geteilt und wiederverwendet werden. 

2018 wurde die EOSC-Initiative offiziell an der Uni Wien gestartet. Im Jahr 2020 wurde die EOSC Association als Teil einer European Partnership im Forschungsprogramm Horizon Europe gegründet; sie leitet die EOSC zusammen mit den vier Partnern CESAER, CSIC, GARR und GÉANT. Die EOSC umfasste zum Zeitpunkt der Berichtlegung über 200 Mitglieder. Die weiteren Säulen der (co-funded) EOSC-Partnership sind: die EK und die EU-Mitgliedsstaaten in Form eines Steuerungskomitees (engl. Steering Board - SB). Ein/e Delegierte/r des BMBWF vertritt Österreich im EOSC-Steuerungskomitee. Die Austrian EOSC Mandated Organization und das EOSC Support Office Austria (EOSC SOA, https://eosc-austria.at/) stellen sicher, dass die österreichische Perspektive bei der strategischen Entwicklung von Forschungsinfrastrukturen auf europäischer Ebene berücksichtigt wird. Im Jänner 2021 gründete die TU Wien eine neue, dedizierte Organisationseinheit, das EOSC und Internationale Liaison Office. Im Februar 2021 beantragte der ACOnet-Verein als Dachorganisation der Österreichischen Mandatsorganisation (Austrian EOSC Mandated Organisation), in Übereinstimmung mit dem BMBWF, die Mitgliedschaft in der EOSC-Assoziation. Die TU Wien übernahm die Ausfallshaftung für die gesamte österreichische EOSC-Unternehmung. Die Mitglieder des EOSC SOA verpflichteten sich 2021, EOSC Reference Points an der eigenen Institution aufzubauen. 

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung waren das Naturhistorische Museum Wien, TU Graz, TU Wien, Uni Wien, CCCA, ACOnet und JKU aktive Mitglieder in der EOSC Support Office Austria und Akademie, ubifo, Open Knowledge Maps (https://openknowledgemaps.org/about) und Vetmeduni Beobachterinnen und Beobachter. 

Das EOSC Support Office Austria veröffentlicht Jahresberichte mit Informationen zu Struktur, Leistungen und Aktivitäten (EOSC Austria Activity Report 2022/2023 [EOSC, n. d {a}]). Einen Überblick über die österreichischen EOSC- und Open-Science-Aktivitäten und -Beteiligungen gibt der quartalsweise aktualisierte Austrian EOSC Country Report (Austria Country Report [EOSC, n. d. {b}]).