Einige Ziele und Prioritäten des EHR, wie beispielsweise die Anwendung des ECTS oder die dreigliedrig gestaltete Studienarchitektur, sind bereits im UG verankert, andere werden vor allem in den Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten thematisiert. In ihren in der Regel alle drei Jahre stattfindenden Konferenzen und dort verabschiedeten Kommuniqués benennen die europäischen Ministerinnen und Minister für Hochschulbildung regelmäßig Themenschwerpunkte und Handlungsfelder für die weitere Entwicklung des EHR. Diese greift Österreich – unter anderem auf Basis von Empfehlungen der österreichischen Bologna Follow-up Gruppe – im Rahmen von nationalen Prioritäten auf und setzt entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung auf verschiedenen Ebenen des österreichischen Hochschulbereichs, beispielsweise durch die Schaffung oder Adaptierung entsprechender gesetzlicher Grundlagen. Prioritäre Themen des EHR geben auch den Anstoß zur Entwicklung entsprechender nationaler Strategien wie zum Beispiel für die 2016 erstmals veröffentlichte Hochschulmobilitätsstrategie (HMS 2016) und die Nationale Strategie zur sozialen Dimension in der Hochschulbildung aus 2017 (BMBWF 2018a, Abschnitt 1.3). Die HMS 2016 wurde im Rahmen eines partizipativen Prozesses gemeinsam mit den Hochschulen weiterentwickelt (Abschnitt 10.2.3) und im Herbst 2020 als Nationale Hochschulmobilitätsund Internationalisierungsstrategie 2020–2030 „Internationalisierung auf vielen Wegen“ (HMIS 2030) veröffentlicht. Ziele und Themenschwerpunkte des EHR finden auch bei der strategischen Ausrichtung der österreichischen Universitäten im Rahmen des GUEP sowie des Österreichischen Hochschulplans Berücksichtigung. Operative Umsetzungsmaßnahmen werden im Universitätsbereich in den Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten vereinbart. In der LV-Periode2019–2021 stehen dabei folgende Themen im Zusammenhang mit dem Paris Kommuniqué im Vordergrund: dreigliedrige Bologna Studienarchitektur (Bachelor, Master, PhD, wobei der 1. und 2. Zyklus auf Basis von ECTS skaliert sein soll) in Verbindung mit dem europäischen und nationalen Qualifikationsrahmen, Qualitätssicherung, Anerkennung, Qualität in Lehre und Lernen und die soziale Dimension. Für die konkrete Umsetzung und institutionelle Implementierung der Maßnahmen erhalten die Universitäts- und Hochschuleinrichtungen Beratung und Unterstützung durch Einrichtungen wie die österreichische Bologna Servicestelle oder das Team der EHR-Expertinnen und -Experten.
Unterstützung durch nationale Akteurinnen und Akteure
Österreich hat eine nationale Steuerungsgruppe, die österreichische Bologna Follow-up Gruppe (BFUG), unter dem Vorsitz des BMBWF eingerichtet. Durch die Einbeziehung von sämtlichen mit EHR- bzw. Bologna-Themen befassten Stakeholdern (Universitäten, Fachhochschulen, Privatuniversitäten, Pädagogische Hochschulen, Interessenvertretungen, Studierende, Ministerien) findet die Umsetzung der Ziele und Prioritäten des EHR in Österreich auf einer sehr breiten Basis statt. Das Gremium tritt zwei- bis dreimal pro Jahr zusammen, zumeist in Vorbereitung auf die Treffen der europäischen BFUG. Die österreichische Bologna Kontaktstelle im BMBWF fungiert als Schnittstelle zwischen der nationalen und der europäischen Ebene im Bologna-Prozess und unterstützt die Implementierung der Prioritäten des EHR an den österreichischen Hochschulen. Mit der österreichischen Bologna Servicestelle im OeAD steht zusätzlich eine sektorenübergreifende und unabhängige Beratungs- und Informationsstelle zur Verfügung. Um innerhalb der jeweiligen Institutionen den Informationsfluss zu fördern und zu unterstützen, haben die österreichischen Hochschuleinrichtungen Bologna-Koordinatorinnen und -Koordinatoren nominiert. Zusätzlich steht ein Team von nunmehr neun Expertinnen und Experten – das EHR Expertinnen- und Experten-Team – u.a. für individuelle Beratung und Begleitung der österreichischen Hochschulen bei der Umsetzung der Ziele und Prioritäten des EHR zur Verfügung. Drei dieser Expertinnen wurden unter anderem in einen europäischen Expertinnen- und Expertenpool aufgenommen, welcher Ländern des EHR zur Unterstützung der Umsetzung der Ziele und Prioritäten des EHR zur Verfügung steht.
Unterstützung im Rahmen von BMBWF-Erasmus+-Projekten
Wie bereits im Universitätsbericht 2017 beschrieben, beteiligt sich das BMBWF mittlerweile bereits zum dritten Mal sehr erfolgreich an den an die für Hochschulbildung zuständigen Ministerien gerichteten Aufrufen „Support to the implementation of EHEA (European Higher Education Area) reforms“ der Europäischen Kommission unter Leitaktion 3 in Erasmus+. Für den Zeitraum Juni 2016 bis Mai 2018 setzte das BMBWF gemeinsam mit der Bologna Servicestelle im OeAD das Projekt „Pro.Mo.Austria+ – Promoting Mobility. Fostering EHEA Commitments in Austria“ um. Thematisch vertieft dieses Projekt in Bezugnahme auf das Vorprojekt „Pro.Mo.Austria“ 2014–2016 die Bereiche Qualität in der Mobilität und Anerkennung (Recognition of Prior Learning). Darüber hinaus umfasst es Begleitmaßnahmen zur BMBWF-Website „Atlas der guten Lehre“ und zur Umsetzung der „Nationalen Strategie zur sozialen Dimension in der Hochschulbildung“. Für den Zeitraum von 1. Jänner 2019 bis 31. Dezember 2020 (mit einer Verlängerungsoption um weitere sechs Monate) wurde das Projekt „INternationalisation/INclusion/INnovation: Towards high-quality inclusive mobility and innovative teaching & learning in an internationalised Austrian Higher Education Area 2019–20“ (3-IN-AT) entwickelt. Es erhielt unter den europaweit insgesamt 17 eingebrachten Projektanträgen eine herausragende Bewertung, aufgrund welcher dem BMBWF seitens der Europäischen Kommission erneut ein Zuschuss zuerkannt wurde. Das Arbeitsprogramm von 3-IN-AT 2019–20 bietet den österreichischen Hochschuleinrichtungen ein breit gefächertes Angebot an Beratung, Training und Information. Es orientiert sich dabei an den Ergebnissen des „Bologna Implementation Report“ 2018, den Prioritäten aus dem Paris Kommuniqué 2018 und – im Sinne der bestmöglichen Zielgruppenorientierung – an den Rückmeldungen und Themenvorschlägen der österreichischen Hochschulen, welche unter anderem auch im Wege der österreichischen Bologna Follow-up Gruppe eingebracht wurden. Zudem knüpft es mit seinen Aktivitäten und Inhalten direkt an das Vorgängerprojekt „Pro. Mo.Austria+“ an und fokussiert thematisch auf
• die Qualität in der Mobilität (vgl. HMIS 2030 „Internationalisierung auf vielen Wegen“; zwei Peer-Learning-Aktivitäten (PLA) mit internationalen Partnerinstitutionen zu „Flexibilisierung der Curricula“ und „Qualität in der Mobilität“);
• innovatives Lehren und Lernen/strukturierte Studierbarkeit (Weiterführung der Veranstaltungsreihe „Dialog hochschulischer Lehre“ als Begleitmaßnahme zur Website „Atlas der guten Lehre“ des BMBWF; internationale PLA zu „Innovative Teaching and Learning Practises“ und „Digitalisierung“; Jahreskonferenz Bologna-Tag 2020;
• die soziale Dimension (Umsetzung der „Nationalen Strategie zur sozialen Dimension in der Hochschulbildung im EHR-Vergleich: Internationale PLA zu “Social Dimension” und Begleitpublikation zu PLA mit Länderprofilen und Beispielen guter Praxis).
Die von der Europäischen Kommission im Aufruf 2018 explizit eingeforderte Zusammenarbeit (Peer Learning, Peer Review) zwischen den einzelnen Ländern des EHR wird im Rahmen von 3-IN-AT durch die Einbindung von „swissuniversities“ sowie des kroatischen Ministeriums für Wissenschaft und Bildung, der „European Students‘ Union“ (ESU) und der „European University Association“ sichergestellt. Kroatien führt auf europäischer Ebene auch – gemeinsam mit der ESU – den Vorsitz in der EHR-Advisory Group zur sozialen Dimension. Die Ergebnisse, die in 3-IN-AT zu diesem Thema generiert werden, fließen durch diese Zusammenarbeit direkt in die Weiterentwicklung des EHR ein. Wie schon in den Vorprojekten ist auch in 3-IN-AT ein Team von „nationalen Expertinnen und Experten für den EHR“ eingebunden; es unterstützt die österreichischen Hochschulen im Rahmen von Beratungsbesuchen und wirkt an der Konzeptionierung und Durchführung von Projektveranstaltungen und –aktivitäten mit. Auch wurde 2020 im Vorfeld der Konferenz der Ministerinnen und Minister des Europäischen Hochschulraums ein nationaler „EHR-Umsetzungsbericht“ erstellt. Die Projektumsetzung erfolgt durch die Bologna Servicestelle im OeAD in enger Zusammenarbeit mit dem BMBWF; für das externe Monitoring zeichnet die AQ Austria verantwortlich. Die durch die COVID-19-Pandemie notwendigen Verschiebungen diverser 3-IN-AT-Projektaktivitäten machen eine über die ursprünglich angedachte sechsmonatige Projektverlängerung hinausgehende Laufzeit erforderlich. Demzufolge wurde bei der Europäischen Kommission eine Projektverlängerung von zwölf Monaten (bis 31. Dezember 2021) beantragt.
Monitoring der nationalen Umsetzung
Das BMBWF erstellt anlässlich der EHR-Ministerinnen- und Ministerkonferenzen jeweils den „EHR-Umsetzungsbericht“ (ehemals „Bologna Monitoring Report“). Dieser beinhaltet einen Überblick zur Umsetzung der Bologna-Ziele im österreichischen Hochschulraum. Grundlage bilden neben der Bologna-Erklärung die Kommuniqués der Ministerinnen- und Ministerkonferenzen. Die letzten beiden „EHR-Umsetzungsberichte“ wurden 2018 und 2020 unter Integration der Themen des Jerewan und Paris Kommuniqués veröffentlicht. Der letzte Bericht, der unter anderem erstmals die Themen Digitalisierung und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen beinhaltet, wurde anlässlich der Ministerinnen- und Ministerkonferenz 2020 in Rom erstellt. Auf europäischer Ebene dokumentiert der „Bologna Implementation Report“ (zuletzt 2018 und 2020) die nationale Umsetzung in den Mitgliedstaaten des EHR. Er ermöglicht mithilfe von Indikatoren einen Vergleich des Umsetzungsstands und des Zielerreichungsgrads in den EHR-Ländern. Österreich weist nachstehende positive Entwicklungen laut „Bologna Implementation Report“ 2018 auf: Österreichs Gesetzgebung ermöglicht – gemeinsam mit zwölf weiteren Ländern – eine offene und somit grenzüberschreitende Qualitätssicherung durch im European Quality Assurance Register for Higher Education – gelistete Qualitätssicherungsagenturen; Österreich hebt sich mit nicht-traditionellen Zugangsformen (Studienberechtigungsprüfungen) positiv hervor. Derartige Praktiken werden auch in Belgien (Wallonien), Luxemburg, den Niederlanden und Portugal angeboten; eine Verzahnung zwischen der Nationalen Strategie zur sozialen Dimension in der Hochschulbildung und der HMS2016 findet sich in der Steigerung der Teilnahme an Mobilitätsprogrammen von Studierenden aus „bildungsfernen“ Schichten. Die Anerkennung und Anrechnung non-formal und informell erworbener Kompetenzen sowie die Berechnung von ECTS auf Basis von Lernergebnissen stellt für Österreich im europäischen Vergleich noch einen Bereich mit Entwicklungspotenzial dar. Der „Bologna Implementation Report“ 2020 beschäftigt sich im Sinne eines Rückblicks auf die vergangenen 21 Jahre mit der Umsetzung der Ziele und Prioritäten des EHR.