Eines der fünf Ziele der Europa 2020-Strategie ist es, den Anteil der 30-bis 34-Jährigen mit abgeschlossener Tertiärbildung auf mindestens 40% bis 2020 zu erhöhen. In der EU-27 ist dieser Anteil von 31,1% im Jahr 2009 auf 40,3% im Jahr 2019 kontinuierlich angestiegen. Für das Jahr 2019 erreichte Österreich mit 42,41% die Quote.
Der Europäische Bildungsraum
Die Europäische Kommission skizzierte in der Mitteilung „Stärkung der europäischen Identität durch Bildung und Kultur“ vom 17. November 2017 eine Vision zur Schaffung eines Europäischen Bildungsraums bis 2025. Dieser soll auf Vertrauen, gegenseitiger Anerkennung, Zusammenarbeit und Mobilität basieren:
„[…] ein Europa, in dem Lernen, Studieren und Forschen nicht von Grenzen gehemmt wird, ein Kontinent, auf dem es zur Norm geworden ist, dass man Zeit – zum Studieren, zum Lernen oder zum Arbeiten – in einem anderen Mitgliedstaat verbringt und auf dem es außerdem gebräuchlich ist, dass man neben der Muttersprache zwei weitere Sprachen spricht.“ Seit der Veröffentlichung der Mitteilung hat jeder Ratsvorsitz das Thema aufgegriffen und weiterentwickelt. Am 30. September 2020 wurde die Mitteilung der Europäischen Kommission zum Europäischen Bildungsraum veröffentlicht, in der Mittel und Meilensteine zu dessen Verwirklichung bis 2025 beschrieben werden. In der Mitteilung wird vorgeschlagen, den Europäischen Bildungsraum in sechs Dimensionen weiterzuentwickeln: Qualität, Inklusion und Gleichstellung der Geschlechter, ökologischer und digitaler Wandel, Lehrkräfte, Hochschulbildung sowie ein stärkeres Europa in der Welt. Diese sollen durch europäische Zusammenarbeit weiter verbessert werden. Die European Universities-Initiative spielt eine wichtige Rolle dabei, auch als Bindeglied zum ERA. Der zeitgleich veröffentlichte Aktionsplan für digitale Bildung (2021–2027) schlägt eine Reihe von Initiativen für eine qualitativ hochwertige, integrative und zugängliche digitale Bildung in Europa vor. Die zwei langfristigen strategischen Prioritäten sind die Förderung der Entwicklung eines hochleistungsfähigen digitalen Bildungsökosystems und die Verbesserung der digitalen Kompetenzen für den digitalen Wandel.
Strategischer Rahmen für die Zusammenarbeit im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020)
Der Strategische Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020) (BMBWF 2018a, Abschnitt 9.1.2) enthält gemeinsame strategische Ziele für die Mitgliedstaaten und eine Reihe von Grundsätzen zur Erreichung dieser Ziele. Um den Austausch bewährter Verfahren zwischen verschiedenen Ländern zu fördern, wurden im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit ET 2020 Technische Arbeitsgruppen mit entsprechenden Mandaten und Aufgaben eingerichtet. Die Mandate sehen auch Initiativen wie Peer Learning Activities (Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren) oder Peer Reviews (gegenseitige Bewertung) zwischen den Mitgliedstaaten vor.
Die European Universities-Initiative
Die Initiative geht auf die in der Rede von Präsident Emmanuel Macron im Rahmen der Leaders‘ Agenda am 17. November 2017 präsentierte Vision über European Universities zurück: Diese sollen „die Mobilität beträchtlich erhöhen und die Spitzenqualität und Exzellenz in Bildung und Forschung fördern, indem sie Lehre, Forschung, Innovation und Wissenstransfer noch stärker miteinander verknüpfen, die Vorteile des mehrsprachigen Lernens und der Anerkennung von Diplomen betonen sowie gemeinsame Bildungs- und Forschungsprogramme und -projekte entwickeln“. Sie sollen eine gemeinsame, integrierte, langfristige Strategie für Bildung mit Verbindungen zu Forschung und Innovation sowie zur Gesellschaft entwickeln und einen europäischen und „interuniversitären“ Hochschulcampus aufbauen (vgl. Europäischer Rat 2018). Die European Universities werden seit Herbst 2019 unter Erasmus+ (2014–2020) als Pilotprojekte gefördert. Außerdem können sie Mittel zur Unterstützung ihrer Forschungs- und Innovationsdimension im Rahmen von speziellen „Horizon 2020“-Aufrufen beantragen. Im Rahmen eines Pilotprojekts wurden bei einer ersten Ausschreibung 2019 insgesamt 17 Projekte ausgewählt, die bereits im November 2019 ihre Zusammenarbeit begannen. Die Universität für Bodenkultur Wien und die Universität Graz nehmen an jeweils einer erfolgreichen Allianz der ersten Pilotphase teil. Unter den 24 bewilligten European Universities der Ausschreibung für 2020 finden sich sechs österreichische Hochschuleinrichtungen, wobei die Montanuniversität Leoben und die FH St. Pölten eine koordinierende Rolle übernehmen. Des Weiteren sind die Universität Innsbruck, die Wirtschaftsuniversität Wien, die FH Vorarlberg und das Management Center Innsbruck an Allianzen beteiligt. Somit nehmen insgesamt acht österreichische Hochschuleinrichtungen an insgesamt 41 geförderten Allianzen teil. Die European Universities werden im neuen Erasmus+-Programm 2021–2027 verankert und in ihren Zielsetzungen in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden.
Der österreichische EU-Ratsvorsitz 2018
Der österreichische Vorsitz orientierte sich im Bereich Bildung und Hochschulbildung stark an der Kommissionsmitteilung „Stärkung der europäischen Identität durch Bildung und Kultur“ und leistete einen Beitrag zur beginnenden Diskussion über die Zukunft der EU-Bildungszusammenarbeit. Unter österreichischem EU-Ratsvorsitz wurde die Verordnung für die nächste Generation des Programms Erasmus+ (2021–2027) verhandelt und eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten beschlossen („teilweise allgemeine Ausrichtung“).
Synergien zwischen Hochschulbildung und Europäischem Forschungsraum am Beispiel des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) – Bildung
Das EIT fördert durch seine Aktivitäten in den Bereichen Hochschulbildung, Forschung und Innovation den Unternehmergeist und die exzellente Vermittlung unternehmerischen Denkens. Außerdem unterstützt es die Gründung von Jungunternehmen (Startups) und aus Forschungsinstituten hervorgehende Unternehmen (Spin-offs). In Erfüllung seines Auftrags fördert das EIT Synergien und die Zusammenarbeit zwischen Hochschulbildung, Forschung und Innovation („Wissensdreieck“) auf höchstem Niveau und führt diese Bereiche basierend auf der Förderung des Unternehmergeistes zusammen.
Verhandlungen zum Programm Erasmus+ (2021–2027)
Die Europäische Kommission veröffentlichte den Vorschlag zum neuen Programm Erasmus+ (2021–2027) im Mai 2018. Im Anschluss daran wurde unter dem österreichischen EU-Ratsvorsitz eine partielle allgemeine Ausrichtung zum Programm erreicht. Unter dem finnischen Vorsitz starteten die Trilog-Verhandlungen zwischen dem Rat, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament, die jedoch aufgrund der COVID-19-Maßnahmen unterbrochen werden mussten. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft setzt sich für einen raschen Abschluss der Verhandlungen ein (Abschnitt 10.1.3).
COVID-19-Pandemie
Die kroatische EU-Ratspräsidentschaft sorgte durch einen regelmäßig zu aktualisierenden Fragebogen für einen laufenden Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über die während der COVID-19-Pandemie getroffenen Maßnahmen, der es ermöglichte, von den Erfahrungen anderer Staaten zu profitieren. Demgemäß wurden vier informelle Videokonferenzen der Bildungsministerinnen und Bildungsminister zu den COVID-19-Maßnahmen im Bildungsbereich vom Vorsitz organisiert, in denen über die getroffenen Maßnahmen, aber auch über die aus der Krise gezogenen Lehren für den Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung gesprochen wurde. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft unterstützt den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu COVID-19-Maßnahmen im Bildungsbereich durch einen umgearbeiteten Fragebogen, der regelmäßig aktualisiert wird. Die Europäische Kommission führte EU-weite Umfragen zu den Auswirkungen von COVID-19 auf Lernmobilität (Programm Erasmus+ und Europäisches Solidaritätskorps) und auf die European Universities durch. Die Ergebnisse der Umfragen zeigen, dass 42% der zum Ausbruch der Krise laufenden Mobilitäten mit verschiedenen Ersatzmaßnahmen wie Distance Learning/Online-Learning fortgesetzt wurden; 22% wurden unterbrochen und 33% der Mobilitäten abgebrochen. Die virtuellen Ersatzaktivitäten wurden generell positiv bewertet, 81% der Befragten gaben jedoch an, die Mensch-zu-Mensch-Interaktion zu vermissen. Die Zufriedenheit der Befragten bezüglich Information, Unterstützung und Guidance während der Krise war hoch. Die Krise bleibt ein Unsicherheitsfaktor; das weitere Infektionsgeschehen hat großen Einfluss auf die Planung zukünftiger Mobilitäten. Die zweite Umfrage zeigte, dass es für Universitäten Vorteile mit sich bringt, Teil einer Allianz der European Universities zu sein. Mehr als 60% der befragten Hochschuleinrichtungen waren der Ansicht, dass die Teilnahme an einer Allianz der European Universities bei der Bewältigung der Herausforderungen der aktuellen COVID-19-Krise hilfreich war. Das wurde besonders von jenen Hochschuleinrichtungen hervorgehoben, die in den Umsetzungsaktivitäten am weitesten fortgeschritten sind. 96% der Institutionen gaben an, dass sie besser auf diese Pandemie vorbereitet gewesen wären, wenn ihre Allianz bereits voll funktionsfähig gewesen wäre. 85% haben vor, wegen COVID-19 schneller auf einen europäischen virtuellen interuniversitären Campus umzusteigen. 90% hätten es sehr nützlich gefunden, wenn im Rahmen des Programms Erasmus+ bereits ab Herbst 2020 gemischte Mobilitätsformate (d.h. kurze physische Mobilität gemischt mit virtueller Mobilität) unterstützt worden wären.
Auswirkungen des BREXIT im Hochschulbereich
Das Vereinigte Königreich ist am 31. Jänner 2020 aus der Europäischen Union ausgetreten und somit seit
1. Februar 2020 kein EU-Mitglied mehr. Das von der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich ratifizierte Austrittsabkommen sieht vor, dass in einer Übergangsfrist bis 31. Dezember 2020 für das Vereinigte Königreich weiterhin EU-Recht gilt. In dieser Übergangszeit treten im Bildungs- und Forschungsbereich daher keine Änderungen ein. Das Vereinigte Königreich bleibt auch als Nicht-Mitglied der Europäischen Union im Übergangszeitraum, bis 31. Dezember 2020, Teil des Programms Erasmus+. Erasmus+-Projekte mit dem Vereinigten Königreich, die vor dem 31. Dezember 2020 starteten, können noch abgeschlossen werden, und die Partnereinrichtungen aus dem Vereinigten Königreich sind für die gesamte Projektlaufzeit voll förderfähig. Ab 1. Jänner 2021 besteht die Möglichkeit, dass das Vereinigte Königreich als Nicht-Mitglied der EU auf Grundlage eines noch abzuschließenden Sondervertrags am neuen Erasmus-Programm teilnimmt.