In Österreich bildet der Hochschulbereich zusammen mit dem nicht-hochschulischen Tertiärbereich den tertiären Bildungssektor. Gemäß der internationalen Standardklassifikation des Bildungswesens (ISCED 2011)[1] sind die Studienangebote an den Hochschuleinrichtungen in der Regel auf ISCED-Stufe 6 bis 8 angesiedelt. Der nicht-hochschulische Tertiärbereich ist auf ISCED-Stufe 5 eingeordnet und umfasst Ausbildungsangebote an Kollegs, Lehrgänge an (tertiären) Bildungseinrichtungen, Ausbildungen des Gesundheitswesens und Werkmeister-, Meister- und Bauhandwerkerschulen sowie seit Einführung der neuen ISCED-Klassifizierung auch Abschlüsse an berufsbildenden höheren Schulen (BHS) als Short-cycle-tertiary-Programme.[2]
Dominanz der Universitäten im Hochschulbereich
Der Hochschulbereich in Österreich deckt mit 22 Universitäten, 21 Fachhochschulen, 14 Pädagogischen Hochschulen[3] und 16 Privatuniversitäten zusammen einen Großteil des tertiären Bildungssektors ab. Eine zentrale Rolle innerhalb des Hochschulbereichs wie auch des gesamten Tertiärbereichs nehmen die Universitäten ein (Abbildung 7.1-1).
Das hochschulische Studienangebot wird zu 61% von den Universitäten abgedeckt (insgesamt rund
1.200 Bachelor-, Diplom-, Master- und Doktoratsstudien). 25% des hochschulischen Studienangebots stellen Fachhochschulen, 10% Privatuniversitäten und 4% Pädagogische Hochschulen bereit.
Entsprechend dem Umfang des Studienangebots der Universitäten nimmt nach wie vor eine Mehrheit der (ordentlichen) Studienanfängerinnen und Studienanfänger – 54% im Studienjahr 2019/20 – ein Studium an einer Universität auf. Demgegenüber beginnen 32% ein Studium an einer Fachhochschule, knapp 8% an einer Pädagogischen Hochschule und 6% an einer Privatuniversität.
Im Wintersemester 2019 gab es rund 349.000 ordentliche Studierende im österreichischen Hochschulbereich. Der Anteil der ordentlichen Studierenden an Universitäten ging seit dem Wintersemester 2016 von 78,9% auf 75,9% zurück, während der Anteil der Fachhochschulen von 14,1% auf 15,8% stieg. Der Anteil der Pädagogischen Hochschulen stieg geringfügig (von 4,1% auf 4,7%), der Anteil der Privatuniversitäten erhöhte sich etwas (von 2,8% auf 3,5%). Somit ist eine Verlagerung von den Universitäten hin
Abbildung 7.1-1: Dominanz der Universitäten im Hochschulbereich – ausgewählte Kennzahlen
Quelle: BMBWF unidata, Statistik Austria (Pädagogische Hochschulen)
zu den anderen Hochschultypen – insbesondere den Fachhochschulen – zu beobachten, sie ändert aber nur wenig an der weiterhin bestehenden Dominanz der Universitäten. Die Anteile der ordentlichen Studierenden verschieben sich deutlich gegenüber der Verteilung bei Studienanfängerinnen und Studienanfängern, weil an den Universitäten die durchschnittlichen Studien- bzw. Verweildauern deutlich länger sind (Abschnitt 7.2.3). Wesentliche Ursachen für dieses nach Hochschultypus unterschiedliche Studierverhalten liegen in den voneinander abweichenden Zugangsregelungen zum Studium und in der Studienorganisation, die an Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen aufgrund limitierter Anfängerkohorten ähnlich Schulklassen, d.h. nach Jahrgangsgruppen, erfolgt. Darüber hinaus gibt es ca. 33.000 außerordentliche Studierende (inklusive Studierende in Lehrgängen, Tabelle 7.1-2), deren Studienprogramme je nach Dauer entweder dem nicht-hochschulischen Tertiärbereich (ISCED 5) oder dem hochschulischen Bereich (postgraduale Hochschullehrgänge an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen mit Masterabschluss) zugerechnet werden. Bei den außerordentlichen Studierenden entfallen 71,4% auf die Universitäten. Den höchsten Frauenanteil gemessen an den ordentlichen und außerordentlichen Studierenden verzeichnen die Pädagogischen Hochschulen mit 75,3% sowie die Privatuniversitäten mit 60,5%. Mit 53,5% sind mehr als die Hälfte der Studierenden an Universitäten weiblich. Der größte Teil der ausländischen Studierenden im Hochschulbereich (81%) ist an den Universitäten zu finden. Ausländische Staatsangehörige machen dort 29% der ordentlichen Studierenden aus (76.309 ausländische Studierende). Einen sehr hohen Anteil ausländischer Studierender weisen mit 48% die Privatuniversitäten auf (6.885 Ausländerinnen und Ausländer). An den Fachhochschulen (19% bzw. 10.333 ausländische Studierende) ist der Anteil nicht-österreichischer Staatsangehöriger deutlich geringer. Den geringsten Anteil ausländischer Studierender verzeichnen die Pädagogischen Hochschulen mit 7% (1.225 ausländische Studierende). Die dargestellten Unterschiede der Größenverhältnisse der einzelnen Hochschultypen und das Übergewicht der Universitäten zeigen sich auch – wenngleich weniger ausgeprägt – bei den Studienabschlüssen: Knapp 64% der rund 55.000 Abschlüsse an Hochschulen im Studienjahr 2018/19 wurden an den Universitäten getätigt, rund 28% an Fachhochschulen, 4% an Pädagogischen Hochschulen und rund 4% an Privatuniversitäten.
Nicht-hochschulischer Tertiärbereich
Da seit Anwendung der ISCED 2011-Klassifikation ab 2015 neben den Kollegs, Lehrgängen an tertiären Bildungseinrichtungen, Ausbildungen des Gesundheitswesens und Werkmeister-, Meister- und Bauhandwerkerschulen auch die vierten und fünften Bildungsstufen der BHS dem nicht-hochschulischen Tertiärbereich zuzuordnen sind, haben sich die Größenverhältnisse im Tertiärbereich deutlich in Richtung dieses Teilbereichs verschoben.
Tabelle 7.1-2: Ordentliche und außerordentliche Studierende im Hochschulbereich, Wintersemester 2019
| Ordentliche Studierende | Außerordentliche Studierende inkl. Lehrgänge4 | Studierende gesamt | ||||||
Hochschule | Frauen | Männer | Gesamt | Frauen | Männer | Gesamt | Frauen | Männer | Gesamt |
Universitäten1 | 142.132 | 122.813 | 264.945 | 12.216 | 11.331 | 23.547 | 154.348 | 134.144 | 288.492 |
Fachhochschulen2 | 27.857 | 27.346 | 55.203 | 3.142 | 3.399 | 6.541 | 30.999 | 30.745 | 61.744 |
Privatuniversitäten | 7.225 | 4.952 | 12.177 | 1.895 | 991 | 2.886 | 9.120 | 5.943 | 15.063 |
PädagogischeHochschulen3 | 12.440 | 4.087 | 16.526 | 12.440 | 4.087 | 16.526 | |||
Gesamt | 189.654 | 159.198 | 348.851 | 17.253 | 15.721 | 32.974 | 206.907 | 174.919 | 381.825 |
Quellen: BMBWF unidata, Statistik Austria (Pädagogische Hochschulen)
Während 2012/13 – vor Implementierung der Neuklassifizierung – etwa ein Fünftel der Anfängerinnen und Anfänger auf den nicht-hochschulischen Tertiärbereich entfiel (BMWFW 2014, S. 179), sind es nun 44% aller Studienanfängerinnen und Studienanfänger des gesamten Tertiärbereichs, die eine Ausbildung im nicht-hochschulischen Tertiärbereich beginnen: 2019 entsprach dies rund 30.000 von 69.000 Anfängerinnen und Anfängern im gesamten Tertiärbereich (OECD 2020, S. 262). Bei den Erstabschlüssen im Tertiärbereich ist das Verhältnis zwischen der Zahl der Abschlüsse auf ISCED-Stufe 5 und den Stufen ISCED 6–8 etwas höher, weil 49% der tertiären Erstabschlüsse auf ISCED-Stufe 5 erfolgen (OECD 2020, S. 278).
Kennzahlen im internationalen Vergleich
Im internationalen Vergleich wird die „Hochschulzugangsquote“ als Kennzahl für die Bildungsbeteiligung im Hochschulbereich verwendet. Die Hochschulzugangsquote entspricht dem Anteil jener Personen am Altersjahrgang, die als Studienanfängerinnen bzw. Studienanfänger ein Bachelorstudium an einer Universität, Fachhochschule, Pädagogischen Hochschule oder Privatuniversität aufnehmen (ISCED-Stufe 6). Studienanfängerinnen und Studienanfänger in Diplomstudien werden nur auf ISCED-Stufe 7 berücksichtigt. Die österreichische Hochschulzugangsquote auf Bachelorebene beträgt 36% (für unter 25-Jährige); die internationalen Vergleichswerte liegen im Durchschnitt bei 49% in OECD-Ländern bzw. 47% in EU-Ländern (OECD 2020, S. 264). Werden in die Hochschulzugangsquote für Österreich auch die Studienanfängerinnen und Studienanfänger in Diplomstudien einberechnet, beträgt die Quote 48,2%, ohne internationale Studierende gemäß Statistik Austria 37,9%. Die Indikatoren „Abschlussquote im Tertiärbereich“ und „Hochschulabschlussquote“ setzen den aktuellen jährlichen Output an Abschlüssen tertiärer Bildungseinrichtungen bzw. hochschulischer Bildungseinrichtungen in Bezug zu dem Teil der Bevölkerung, der sich im typischen Abschlussalter befindet; sie können daher aktuelle Entwicklungen der Akademisierung sichtbar machen. Die Abschlussquote auf Bachelorebene (ISCED-Stufe 6) für unter 30-Jährige beträgt für Österreich 21% (OECD-Durchschnitt 33%, EU-Durchschnitt 32%). Die Abschlussquote für einen Master- oder Diplomabschluss liegt in Österreich bei unter 35-Jährigen bei 18% (OECD-Durchschnitt 16%, EU-Durchschnitt 18%) (OECD 2020, S. 280). Da in den 20% Master- oder Diplomabschlüssen rund 13% Masterabsolventinnen und Masterabsolventen enthalten sind, die bereits einen Bachelorabschluss erworben haben, ergibt sich laut Statistik Austria eine Hochschulabschlussquote für Erstabschlüsse von 29,1%, die sich aus 23,9% Bachelor- und 5,2% Diplomabschlüssen zusammensetzt. Die Hochschulabschlussquote auf Doktoratsebene für unter 35-Jährige liegt in Österreich bei 1,4%, d.h., 1,4% des Altersjahrgangs absolvieren ein ISCED 8-wertiges Studium (ohne ausländische Absolventinnen und Absolventen: 0,9%). Damit liegt Österreich an achter Stelle der OECD-Länder (OECD-Durchschnitt 1,1%) sowie an siebter Position innerhalb der EU-Länder (EU-Durchschnitt 1,2%) (OECD 2020, S. 280).
[1] Die Internationale Standardklassifikation des Bildungswesens (ISCED), die Studienprogramme und Abschlüsse sowie Bildungsstufen (Levels) definiert, wurde 2011 revidiert (ISCED 2011-Klassifizierung) und 2015 in international vergleichenden Publikationen eingeführt. Die Zuordnung von Bildungsgängen zu den ISCED-Levels erfolgt durch die Statistik Austria.
[2] Mit der ISCED 2011-Klassifizierung änderte sich für Österreich die Zusammensetzung des nicht-hochschulischen Tertiärbereichs (früher ISCED 5B) insofern deutlich, als nun aufgrund der Ausbildungsinhalte und -dauer auch Abschlüsse an BHS als Short-cycle-tertiary-Programme dazuzählen. Diese waren zuvor im Sekundarbereich angesiedelt. Im hochschulischen Bereich gibt es in Österreich keine Short-cycle-Programme.
[3] Davon neun öffentliche und fünf private Pädagogische Hochschulen; zusätzlich gibt es drei private Studiengänge für Lehramt.